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ARGEkultur • 09.02.2016 • ARGEkultur

Die Orte der Vergangenheit sind die Gegenwart

Editorial der Künstlerischen Leitung zum Programm März-Mai

Vor knapp zwei Jahren ist die Theatermacherin Christa Hassfurther (Theater bodi end sole) mit einer großartigen Idee an mich herangetreten: Wir sollten doch ein neues Stück versuchen, ein Stück über die Flucht und die Vertreibung, in Vergangenheit und Gegenwart. Denn, die Orte der Flucht sind nicht nur in der Gegenwart im Zentrum Europas, also direkt hier bei uns, sie waren es auch immer wieder in der Vergangenheit und in besonders schmerzvoller Weise in der Zeit des Faschismus und Nationalsozialismus. Dort, wo einst die Lager der TäterInnen und der Opfer standen, stehen nun Möbelgeschäfte und Fabriken; dort wo sonst Autos parken, werden heute Betten aufgebaut. Die Gegenwart ist förmlich durchdrungen von den Bildern der Flüchtenden, von den Orten der Verzweiflung und der Sehnsucht jener Menschen, die von vielen hier Lebenden nicht gewollt und oftmals nicht einmal geduldet werden. Wer nicht von hier ist, darf auch nicht hier sein, wer hier keine Vergangenheit hat, hat keine Zukunft. Die Idee einer geschlossenen Gesellschaft ist aber Fiktion. Niemand hat hier immer gelebt, jeder Familienstammbaum und viele Biografien sind mit wechselvoller Geschichte und an wechselnden Orten geschrieben. Gesellschaften verändern und entwickeln sich immer und permanent, auch in ihrer Zusammensetzung.

„ÜBERALL NIRGENDS lauert die Zukunft“ lautet nun der Titel dieses Stücks, geschrieben vom Autor Vladimir Vertlib, der selbst nach einer langen Migrationsgeschichte in den 1980er Jahren schlussendlich in Salzburg seine Heimat gefunden hat. Es ist eine Metapher über Verfolgung und Flucht, über Angst, Vorurteile, Islamophobie und Antisemitismus und die Chancen der Begegnung. Vergangenheit und Gegenwart dienen einander als Gleichnis und als Zerrspiegel. Es ist aber auch ein politisches Stück, welches mit bitterem Humor den Aberwitz der Flüchtlingskrise aufzeigt und in einen historischen Kontext stellt.

Vor 15 Jahren zeigte das Theater bodi end sole die Geschichte der „Tschikweiber“ als wunderbares Theaterstück. Die Uraufführung des neuen Stückes, als Koproduktion von ARGEkultur und Theater bodi end sole, verspricht erneut den historischen Bogen zu finden, um die Gegenwart ein wenig besser verstehen zu können.

Wir freuen uns auf Ihren Besuch.

Markus Grüner-Musil
Künstlerischer Leiter

© ARGEkultur