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Kritik • 23.09.2009 • Bernhard Flieher, Salzburger Nachrichten

Mächtige Stimme in stillen Dramen

Am Umgang mit dem Anderen erkennt man die eigene Größe. Und im Lied anderer wurde der Abend mit Songwriter Scott Matthew am Donnerstag in der ARGEkultur zum außergewöhnlichen Ereignis. Sicher, der Abend führte lang vorher zu Verzückung - gewachsen aus der Kraft der Stille und gebaut aus Macht, die entsteht, wenn Bescheidenheit beim Musizieren, große Songs zur Geltung kommen lässt.

Aber nun singt Matthew, vom euphorischen Publikum einige Male zurückgeholt aus der Garderobe, als eine der Zugaben "I Won't Share You", einen Song von The Smiths. Der in New York lebende Mittdreißiger Matthew kriecht mit einer zwischen beruhigendem Bariton und schneidendem Falsett variierenden Stimme in den Song. Schon das Original von 1987 verschließt sich - obwohl hintergründig mit lockerer Gitarre unterlegt - jeder Fröhlichkeit und Zuversicht. Matthew umschlingt die Verzweiflung förmlich. Begleitet von spärlichen Pianoakkorden löst er jede Beziehung zum Außen auf. Er singt, als gehöre das Lied in diesem Moment nur ihm allein, als hätte er es nur für diesen Augenblick geschaffen. Er versinkt in seiner Kunst, mit minimalem Aufwand größte Dramatik zu schaffen. In seinen Songs begegnet uns eine Poesie voll innerer Dämonen, guten und bösen. Die Songs gleichen Leidensposen, die einen schmerzhaften Vortrag, ein künstlich gesteigertes Verlorengehen geradezu provozieren. Und tatsächlich scheint es so, als opfere sich Matthew seinen Songs.

Die Gefahr ist groß, hier abzudriften in Kitsch und Überkünstelung. Das passiert aber nie, weil der Mann so innig bei sich ist, dass einem bang wird vor Erstaunen.

Scott Matthew, der selbst in der aktuell besonders dichten, kreativ aufregenden New Yorker Folkszene zu den Ausnahmeerscheinungen zu zählen ist, braucht wenig, um zu betören. Er spielt Akustikgitarre und Ukulele. Was seine fabelhafte Band dem beimengt, erzeugt bei aller Zurückhaltung ungeahnte Dynamik. Dafür sind nur ein paar Streicheleinheiten auf dem Cello, ein dezenter Bass oder einige gegen die Melodielinie versetzt geschlagene Akkorde auf dem Klavier nötig. Den Kontrast zum Überlebenskampf im Lied liefert dann ein fröhlich aufgelegter Matthew zwischen den Songs. Da aber beschränkt er sich auf wenige Hinweise zum Werk. Er weiß, dass seine Lieder ohnehin genug erzählen und spüren lassen vom Leben.

© Bernhard Flieher, Salzburger Nachrichten

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