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Kritik • 10.12.2009 • Robert Innerhofer, DrehPunktKultur

Zurück auf Anfang

Junge, das hat Stil. Ein weißer, perfekt sitzender Anzug, das schwarze Hemd, dazu die Gitarre - und zwar bei jedem Stück eine andere.

Jochen Distelmeyer ist, nachdem er seine Band Blumfeld vor zwei Jahren aufgelöst hat, nach vorne ins Licht getreten. Oder man könnte auch sagen: Das Mastermind hat die Marke abgestreift und ist selbst zur Show geworden. Und doch - oder gerade deshalb - begrüßte er die rund 150 Musikfans am Mittwochabend in der ARGEkultur mit den Worten: "Hallo - wir sind Jochen Distelmeyer."

Passend zum Titel der aktuellen CD "Heavy" wurde erstmal kräftig losgerockt. Songs wie "Wohin mit dem Hass?" oder "Er" sind bestimmt von einer spielerischen Härte und Energie, die sich live voll entfalten. Denn auch die Anlage wurde mächtig aufgedreht und die neue, vierköpfige Band an Jochen Distelmeyers Seite musizierte äußerst zwingend und druckvoll. Wohl ganz so, wie es ihnen ihr Meister aufgetragen hatte. Und so wurden auch die sanfteren Stücke des Abends zu wuchtigen Pophämmern.

Während das neue Album mit einer Ausnahme komplett durchgespielt wurde, war es interessant zu sehen, welche Blumfeld-Nummern es ins Set geschafft haben. Da gab's die wunderbar nihilistische Pop-Perle "Eintragung ins Nichts", ganz frühe Werke wie "Viel zu früh und immer wieder Liebeslieder", die vor Optimismus und Zuversicht strotzende Edelballade "Wir sind frei" oder das trotzig-schräge "Mein System kennt keine Grenzen". Auch vom letzten, zwiespältig rezipierten Blumfeld-Album "Verbotene Früchte" wurden Songs gebracht, wie z. B. das seebärige "Heiß die Segel!" oder der psychedelisch dahinfliesende "Schmetterlingsgang". Kurzum, alle Blumfeld-Phasen waren mit dabei.

Und die Songs des neuen Albums? Die hielten locker mit. Höhepunkte waren zum Beispiel das bedrohliche und wüste "Hiob" oder "Nur mit dir" - die tieftraurige Geschichte vom Ende der Liebe. Auch ein Cover durfte, wie bei Jochen Distelmeyer üblich, nicht fehlen. Diesmal gab's "Dancing Barefoot" von Patti Smith in einer gediegenen Version zum Sich-reinfallen-Lassen. Überhaupt animierte Jochen Distelmeyer sein Salzburger Publikum gleich mehrmals zum Mitsingen und -tanzen - und die Leute ließen sich nicht lange bitten. So war der Saal zwar nicht voll, doch dafür ständig in Bewegung. Ähnlich gelöst agierte Jochen Distelmeyer und ließ das Tanzbein mit oder ohne Gitarre lässig schwingen.

Nach zwei Stunden und frenetisch geforderten Zugaben hatten Jochen Distelmeyer und seine Band alles richtig gemacht: greifbare Energie, druckvolles Spiel, Freundlichkeit und enorme Stilsicherheit des Frontman ... Die früher an Blumfeld oft gestellte Anforderung, es möge doch bitte immer alles politisch sein, hatte sich in Luft und Lust aufgelöst. Denn es ist wie es ist - und zwar heavy.

© Robert Innerhofer, DrehPunktKultur

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