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Kritik • 09.02.2010 • Clemens Panagl, Salzburger Nachrichten

Virtuoser Zyniker: Hagen Rether im Motzart-Finale

George W. Bush ist nicht mehr. Der frühere US-Präsident habe sich totgelacht, weil er "ungestraft ein ganzes Land vergewaltigt hat", vermutet Hagen Rether. Und auch zu Barack Obama verfolgt der deutsche Kabarettist, der am Sonntagabend zum Abschluss der Motzart-Woche in der ARGEkultur seinen ersten Österreich-Auftritt absolvierte, seine eigene Theorie: "Der ist gar nicht echt." In Wahrheit habe sich der deutsche Enthüllungsjournalist Günter Wallraff ins Weiße Haus geschmuggelt - "oder haben Sie Obama und Wallraff schon einmal gemeinsam auf einem Foto gesehen?"

Hagen Rether ist in seinem Element. Er sitzt in seinem schwarzen Chefsessel auf der Bühne, poliert penibel seinen Konzertflügel und spottet über die Welt, die Kirche oder seine Heimatstadt im Ruhrgebiet, die heuer den Titel Kulturhauptstadt Europas trägt. Das Schönste an der Stadt seien die Autobahnen. "In zwei Minuten ist man draußen."

Das Schöne an gelungenen Zynismen ist ihre trockene Treffsicherheit. Das Traurige ist die Resignation, die mitschwingt: Wer zynische Witze reißt, hat sich mit den Zuständen abgefunden. Hagen Rether spielt gern mit dieser Haltung des resignierten Spötters, wenn er seine Tiraden mit einem Kopfschütteln oder einem Seufzen beendet. Eigentlich aber ist der Kabarettist ein Aufklärer im Land der einlullenden Comedy-Formate, der Denken als einziges Mittel gegen die Unmündigkeit predigt. "Das ist nicht lustig", sagt er zwischendurch immer wieder. Tatsächlich sind die Grenzen zwischen Witz und Ernst fließend, wenn Rether über die Unterschiede zwischen Drogenbaronen und Winzern nachdenkt oder vom Papamobil, Hooligans und politischen Scheindebatten erzählt, die von eigentlichen Skandalen ablenken sollen. Für die mit drei Stunden ungewöhnliche Länge seines Programms "Liebe" hat Rether ebenfalls eine Erklärung parat, bei der nur ein Teil des Publikums ungehemmt lacht: "Früher konnte ich nur bis zehn spielen - da hatten die Leute am nächsten Tag Arbeit."

© Clemens Panagl, Salzburger Nachrichten

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