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Presse • 08.11.2010 • Magdalena Miedl, Salzburger Nachrichten

Ein Blick in die Leben hinter den Schlagzeilen

Flüchtlinge. Starbesetzter Film "Die verrückte Welt der Ute Bock".

Sie ist eine Heldin: Selbstlos, mit rauem Schmäh, lebenserfahren und hilfsbereit. Ute Bock, die ehrenamtliche Flüchtlingshelferin, die Hunderten Menschen ein Leben ermöglicht, ist wieder im Kino zu sehen: "Die verrückte Welt der Ute Bock".

"War's schön in der Schubhaft?", fragt Frau Bock einen Dreijährigen in ihrem Büro und lacht. Sie lacht aus Verzweiflung, weil sie in einem Land lebt, in dem kleine Kinder in Haft genommen werden, und aus Erleichterung, weil das Kind wieder freigekommen ist. Und sie lacht, um dem Kind die Angst zu nehmen. Das Lachen und der herbe Humor sind die zentralen Elemente, die Ute Bock auszeichnen, zu einer überlebensgroßen Figur machen, obwohl sie eigentlich "nur" das tut, was man jedem Kind beibringt: Wenn einer Hilfe braucht, dann hilf ihm.

Ende 2009 kam die Doku "Bock for President" ins Kino. Der Wiener Regisseur und Psychiater Houchang Allahyari begleitete Bock in ihrem Alltag. Doch die dokumentarische Filmkamera kann nicht immer dabei sein: Traumatisierte Flüchtlingsfamilien können nicht zu Filmprotagonisten werden. Polizisten bei Abschiebungsverfahren sind selbst extrem belastet, und bei Verhandlungen darf auch kein Filmteam zugegen sein. Da war also ein großer blinder Fleck, den "Bock for President" ließ. Immer, wenn es brenzlig wurde, gab es keine Bilder. Allahyari beschloss, ein zweites Filmprojekt durchzuführen: "Die verrückte Welt der Ute Bock" ist die logische Ergänzung zur Doku.

Diesmal lässt Allahyari Ute Bock und einige Helfer sich selbst spielen, während eine Flüchtlingsfamilie, Polizisten, Beamte, Minister, Richter, Passanten und andere von prominenten Schauspielern wie Dolores Schmidinger, Karl Markovics, Roland Düringer, Andreas Vitasek, Viktor Gernot, Paulus Manker und Julia Stemberger gespielt werden. Josef Hader spielt einen Polizisten, der bei Einsätzen gegen "Illegale" dabei ist und abends zu seiner Frau heimkehrt, die Afrikanerin ohne Aufenthaltsbewilligung ist.

Engagierte Rechtsberater, gnadenlose Beamte, grantige Anrainer: Herzzerreißende Schicksale treffen auf schwarzen Humor in der verrückten Welt der Ute Bock. Alle Dramen, die sich im Film abspielen, sind Nacherzählungen tatsächlicher Szenen aus dem unglaublichen Alltag der Flüchtlingshelferin. Ute Bock ist immer wieder in Diskussion mit Schülern und Kinozuschauern zu sehen. Das wirkt in manchen Momenten etwas unbeholfen, andere Sequenzen sind hingegen von dramatischer Wucht, und illustrieren nachdrücklich jene Asylpolitik, die in den vergangenen Wochen so oft Thema in den Medien war. Ein Teil des Films etwa spielt in Karin Klarics' "Freunde schützen"-Haus im 12. Wiener Gemeindebezirk, in dem die Familie Komani untergekommen war, bevor die achtjährigen Zwillinge mit ihrem Vater von der Polizei abgeholt wurden.

Wie das ist, wenn jedes Klopfen an der Tür Gefängnis bedeuten kann, aber auch, wie es ist, als Polizeibeamter zwischen Pflichterfüllung und Menschenverstand aufgerieben zu werden: "Die verrückte Welt der Ute Bock" bringt all das ins Kino und ist so ein sehr wichtiger Blick auf die Welt hinter den Schlagzeilen.Die verrückte Welt der Ute Bock. Spieldoku, Österreich 2010. Regie: Houchang Allahyari. Mit Ute Bock, Roland Düringer, Josef Hader, Karl Markovics u. a. Start: 5. 11.

© Magdalena Miedl, Salzburger Nachrichten

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