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Kritik • 22.07.2011 • Karl Harb, Salzburger Nachrichten

Wenn der Blitz einschlägt

Auch wenn der Titel "Taschenoper" Kleines suggeriert, ist der Abend in der ARGEkultur lang und anstrengend, aber überaus lohnend. Sieben Uraufführungen von Zwölf-Minuten-Stücken ergeben in Summe ein Kaleidoskop, das trotzdem ein Bild zeigt. Vorgegeben war außer der Zeit der biblische Satz von der Verkündigung des Engels an Maria ("Der Engel des Herrn") und ein Blitz, der in der Mitte der Stücke einzuschlagen habe. Michael Beil, Silvia Rosani, Hans-Peter Jahn, Lisa Streich, Brigitta Muntendorf, Reinhold Schinwald und Hüseyin Evirgen haben - zwischen biblischer Bebilderung (was etwas flach geriet) und freier Assoziation (was weitgehend schöne kreative Kräfte freisetzte) - sehr individuelle Ton-, Klang- und Bildsprachen gefunden.

Was eint, ist ein Hang zum Melodramatischen. Die Singstimmen treten oft zugunsten der schauspielerischen Deklamation in den Hintergrund, und etliche Sprachpassagen sind überhaupt den elektronischen Zuspielflächen überantwortet. Trotzdem hat das Österreichische Ensemble für Neue Musik (oenm) unter der furios vielseitigen Leitung von Juan Garcia Rodriguez genug zu tun und ist unauffällig stark präsent.

Starken Eindruck machen auch die reduzierten, zeichenhaft in den Raum gesetzten Inszenierungen (Reinold Lay, Hans-Peter Jahn, Ernst M. Binder und Thierry Bruehl, der Initiator des Taschenopernfestivals). Die Akteure setzen, solcherart angeleitet, durchwegs angemessene Akzente.

Abwechslung schafft auch die Dramaturgie. Von minimalistisch bis opulent wird vieles bedient. Jahns schnoddriger Dialog zwischen einem durchgeknallten Engel und der Hure Maria ist eine Theaterskizze, nur mit Streichquartettanklängen gewürzt, Evirgens Salome-Paraphrase eine eingängige, aber etwas flache rhythmisch-melodische Welle.

Die nachhaltigsten Momente steuern Brigitta Muntendorfs James-Joyce-Übermalung und Reinhold Schinwalds aus einem rasend monoton skandierten Kindsmörderinnen-Monolog gewonnene "fremd körper"-Klänge bei. Da hört man gern heraus: Weitermachen!

© Karl Harb, Salzburger Nachrichten

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