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Kritik • 21.07.2011 • Christoph Lindenbauer, APA

Salzburger Taschenopernfestival: Miniaturen und "Der Engel des Herrn"

Sieben je zwölf-minütige Kurz-Opern rund um die Verkündigung aus dem Lukas-Evangelium in der ARGEkultur

Kurze Formate sind reizvoll. Sie zwingen den Autor, auf den Punkt zu kommen und den zentralen Gedanken zu exponieren und ohne Umschweife weiterzutreiben. Auch in der schwerfälligen Gattung Oper findet ein besonders kompaktes Format immer mehr Fans - das Salzburger Taschenopernfestival in der ARGEkultur brachte gestern, Mittwoch, Abend sieben je zwölf-minütige musiktheatralische Miniaturen von sieben verschiedenen Autoren und Komponisten zur Premiere.

Anders als in den vergangenen drei Jahren wurden heuer keine verschiedenen Vertonungen und szenischen Umsetzungen eines einzigen Librettos oder Textes präsentiert. Stattdessen hat der künstlerische Leiter des Taschenopernfestivals, Thierry Bruehl vom Veranstalter Klang 21, ein zeitliches Limit von zwölf Minuten und das Thema "Der Engel des Herrn verkündet Maria" aus dem Lukas-Evangelium festgelegt. Dazu war eine Zäsur einzubauen, die in Form eines Blitzes genau nach sechs Minuten in alle sieben Mini-Opern einschlagen sollte. Diese formalen Grenzen haben die Autoren und Komponisten zum größeren Teil aber nicht beengt, sondern befreit und angeregt - ein spannender, unterhaltsamer und am Ende heftig beklatschter Opern-Abend im voll besetzten Saal der ARGEkultur.

Zumindest drei der zwölf-minütigen Taschenopern sind gelungen und überzeugten in mehrfacher Hinsicht. "Kennwort: m.e.s.s.i.a.s" von Autor, Komponist und Regisseur Hans-Peter Jahns war ein wütend-textlastiges "Verschwesterungs-Ritual" zwischen einem radioaktiv verstrahlten Erzengel und der abgeklärt-verzweifelten Hure Maria zu spärlich eingesetzter, aber starker und eindringlicher Musik.

Der Miniatur "Wer zum Teufel ist Gerty" liegt ein zynisch-böser Text von James Joyce zugrunde. Besonders reizvoll an dieser Taschenoper: Einer Schauspielerin ist eine Sängerin und einem Schauspieler ist ein Sänger zu geordnet. Komponistin Brigitta Muntendorf wandelt so den gesprochenen Text unmittelbar und parallel in Musik um und interpretiert den Gehalt des Joyce-Textes eins zu eins in Klang. Ein noch nicht ausgereifter, aber hochinteressanter Ansatz.

Am Schluss des Abends setzte Hüseyin Evirgen mit "Look at the Moon" einen strakten Akzent mit einem eingespielten, aber rhythmisch raffinierten Techno-Groove, der von den Musikern des Österreichischen Ensembles für Neue Musik live ergänzt und erweitert wurde. So wie drei weitere Mini-Opern hat Thierry Bruehl dieses Stückchen nach einem Text von Oscar Wilde stimmig in Szene gesetzt, nur die Lautstärken-Balance zwischen Sprache und Musik wirkte immer wieder unausgewogen.

Kompositorisch ist Michael Beils "Wie jetzt" herauszuheben, und thematisch beeindruckte der Text "fremd körper" von Sophie Reyer. Auf der Bühne ragten Constanze Passin, Thomas Hupfer, Nicola Gründel und der umsichtige Dirigent Juan Garcia Rodriguez heraus. Auch richtig schlechtes Schultheater mischte sich ins vierte Salzburger Taschenopernfestival, aber unter dem Strich ist dieses Format ein Volltreffer, der nach Fortsetzung schreit.

© Christoph Lindenbauer, APA

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