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Kritik • 18.10.2007 • Horst Reischenböck, DrehPunktKultur

Reden wir doch über Pussycat

Der vielleicht noch letzte weiße Fleck in der Aufführungsstatistik der "Vagina Monologe" von Eve Ensler wurde erfolgreich eingefärbt. Das Salzburger Tourneetheater am Donnerstag (11.10.) in der ARGEkultur.

Nun ist es endlich auch hier klar: "Hello Pussycat" von Britanniens weiland singendem Sex-Idol Tom Jones war kein Song für das liebe, schnurrende Haustierchen, sondern eine gar nicht so sehr verklausulierte Hymne an das entsprechend primäre weibliche Organ. Das natürlich nicht - wie vielleicht der Titel vermuten ließe - selber "redet" (wenn, dann nur mit der eigenen Besitzerin). Nein: Es geht vielmehr um die Bewusstseinsfindung von dessen Existenz.

Amerikas Sexualforscher Eve Ensler hat über Jahre hinweg Interviews mit mehr als zweihundert Frauen geführt und Auszüge nicht bloß in Buchform veröffentlicht, sondern auch zu einem schon vor zehn Jahren überaus erfolgreichen, auch preisgekrönten Off-Broadway-Bühnenstück verarbeitet. Aus diesem schuf sich das Salzburger Tourneetheater seit Frühjahr dieses Jahres sukzessive eine eigene Eineinviertelstunden-Version, die ab jetzt in der laufenden Saison jeden ersten Donnerstag im Monat in der ARGEkultur (und auch anderenorts) gespielt werden wird.

Das Stück ist übrigens nicht nur für weibliches Publikum gedacht. So betrug der maskuline Anteil im Publikum bei der Salzburger Premiere erstaunlicherweise (oder auch nicht) doch immerhin fast 25 Prozent.

Komisch gleich der Einstieg, wenn es vorerst um die richtige Betonung in der Aussprache oder die vielfältigen Bezeichnungen geht. Darauf kommt man immer immer wieder mal zurück, etwa wenn das männliche Gegenstück ein wenig genauer betrachtet wird - samt Imponiergehabe. Aber die "Vagina Monologe" wollen nicht nur witzig sein: Mittendrin ist das Stück poetisch und im Kontrast dazu auch durchaus beklemmend, etwa in der Schilderung des Traumas einer mehrfachen Vergewaltigung im Krieg durch Soldaten.

Manches, wie die eingebaute Fernsehshow kommt unverkennbar aus den USA. Dort ist man ja noch immer alles andere als frei von Verklemmtheit ist (was sich schon in der verschämten Benennung der Toilette als "Ruheraum" manifestiert). Der Prozess ist jenseits des großen Teichs noch immer nicht restlos ausgestanden. Aber kehren wir vor der eigenen Türe - Erinnerung an Oswald Kolle: Die hier zum Ausdruck gebrachte Erfahrung eigener Sexualität gelangte auch in unseren Breitengraden erst von vor rund vierzig Jahren zu allgemeiner(er) Erkenntnis.

Hilde Böhm steckte Judith Brandstätter und Gaby Schall in rote fließende Kleider. Beide ergänzen sich so perfekt, auch in der eigenen Choreographie zu zusätzlicher Klanguntermalung seitens Wolfgang Pillingers. Sie spielen nicht bloß perfekt engagiert die unterschiedlichen Situationen, sie "sind" viel mehr in sekundenschnellem Wechsel die verschiedenen Charaktere. Solcherart spontan immer wieder zu Szenenapplaus animierend und logischerweise zum Schluss dann zu mehrfachen "Vorhängen". Lohnt sich!

© Horst Reischenböck, DrehPunktKultur

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