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Kritik • 17.11.2008 • Bernhard Flieher, Salzburger Nachrichten

Kampf und Kaufrausch

Kampfshow. Während der "Guerilla Convention" in der ARGEkultur wird das Theater um Widerstand und Romantik in poetische Bilder verpackt.

Was also passiert, wenn Andreas Baader und Börsenmakler, Franz Schubert und Madonna auf einer Bühne zusammentreffen? Wenn revolutionäre Slogans und damit verbundene romantische Gedanken auftauchen, aber sich gleich als neuestes Angebot im Ausverkauf der Ideen herausstellen? Es passiert eine flotte Revue, deren Bilder und Worte viel Platz zum freien Gedankenspiel lassen. So zumindest hat "ohne titel", Salzburger Plattform und Netzwerk für Kunst- und Theaterprojekte, bei der "Guerilla Convention" am Samstag in der ARGEkultur ihren Abend "BlaueBlume. GuerillaPink" geformt. Texte der Romantik treffen auf Slogans des Untergrundkampfs. Es wird aber nichts gegeneinander aufgewogen, sondern alles miteinander verknüpft. Das ergibt ein Dickicht an Ideen und unerwarteten Konfrontationen (zum Beispiel Schuberts todtrauriges "Leierkastenmann" mit einer riesigen Disco-Kugel als Symbol der totalen Unterhaltung). Daraus wird kein dauerhaft spannender Theaterabend, sondern eine bunte Show mit wechselnden Programmpunkten. Alle kreisen um die kaum mehr zu beantwortende Frage nach der Bedeutung von Widerstand in Zeiten, da die Methoden der Guerilla längst die Geschäftsfelder von Pop und Mode erobert haben. So lässt sich vielleicht kein Kampf mehr gegen soziales Unrecht gewinnen, aber einen hintergründig-humorvollen Theaterabend ergibt das allemal. Modeschau statt Guerilla Aus dieser Spannung bezieht der Abend seine Kraft. Immer wieder verschwimmen die Flächen zwischen Kampf und Kaufrausch. Ein Börsenmakler hält uns den ganzen Abend über Kurse am Laufenden: Er spekuliert mit dem Eintrittsgeld und der Gage der Akteure. Und wo es zunächst aussieht, als beobachteten wir den Kampf einer Stadtguerilla, stellt sich heraus, dass es nur eine Modeschau ist.

Demonstriert wird, dass Bilder der Wirklichkeit durch die Macht der Massenmedien längst wichtiger und wirkmächtiger geworden sind als die Wirklichkeit selbst. Das folgt der als "Simulation" bezeichneten Idee des französischen Philosophen Jean Baudrillard. In Anlehnung an seine Gedanken vom "leeren Signifikant" gelingt dem Abend auch sein stärkstes Bild: Auf ein riesiges, Saal füllendes unbeschriebenes Transparent - nicht, wie sie sonst bei Demonstrationen mit Slogans bemalt sind - werden Bilder projiziert. Immer wieder wird, einen Demonstrationsmarsch imitierend, die Position des Transparents verändert. Schließlich wird damit das Publikum umzingelt, wird eingesperrt in weiße Leere.

Weitere Vorstellung von "BlaueBlume GuerillaPink": Heute, Montag, 20 Uhr.

© Bernhard Flieher, Salzburger Nachrichten

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