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Kritik • 24.02.2009 • Robert Innerhofer, DrehPunktKultur

Musik für eine bessere, kaputte Welt

Zusammen mit ihrer kleinen Band ließ Eva Jantschitsch alias Gustav am Sonntag (15.2.) in der ARGEkultur die Sonne nicht nur einmal scheinen.

Eva Jantschitsch veröffentlichte 2004 unter dem Namen Gustav ihr selbstproduziertes Debütalbum mit dem Titel "Rettet die Wale" und erhielt dafür 2005 einen Amadeus Austrian Music Award als "FM4 Alternative Act des Jahres". Jantschitsch wurde als Retterin des Protestsong-Genres und als eine Ikone der feministischen Musik-Szene gefeiert. Die gebürtige Grazerin ließ sich aber nicht vom Hype um ihre Person einlullen und entzog sich erstmal der Öffentlichkeit. Im Mai 2008 erschien ihre zweite CD "Verlass die Stadt", die im Vergleich zum Vorgänger musikalisch opulenter und inhaltlich finsterer ausgefallen ist.

Als Protestsängerin will sich Eva Jantschitsch nicht sehen, wohl aber als politische Musikerin. Zu Beginn ihrer Karriere war die Multiinstrumentalistin (von Laptop bis Ziehharmonika) zumeist solo unterwegs, doch seit einiger Zeit wird sie von ihrer kleinen, feinen Band unterstützt: Elise Mory sorgt nicht nur am Klavier für Virtuosität und Oliver Stotz entlockt seiner Gitarre sphärische, psychedelische oder gar garstige Klänge. Zu dritt begeisterten sie auch am Sonntag in der gut besuchten ARGEkultur mit ihren eigenwilligen, elektr(on)ischen Chansons, die oft als Schunkellieder getarnt, bissige und vielschichtige, deutsche sowie englische Liedtexte transportieren.

Bereits bei der zweiten Nummer des Abends "One Hand Mona", der überlangen, tragisch-komischen Geschichte einer Einarmigen, wurde das Klangvolumen gefährlich nach oben geschraubt: Eva Jantschitsch erzeugte an der Samplemaschine mächtige Soundtürme, die von ihren beiden Bandkollegen raffiniert ausgefüllt wurden. Generell ist es eine gewisse Ambivalenz zwischen Inhalt und Form, zwischen Text und musikalischer Inszenierung, die Gustav-Songs so unberechenbar und spannend machen. "Ich habe eine Sehnsucht nach der nächsten Katastrophe, denn wenn wir gemeinsam leiden, fällt dieses Unbehagen ab", so beginnt zum Beispiel die Nummer "Alles renkt sich wieder ein", bei der Teile des Publikums herzhaft lachen konnten, während anderen das Gesicht einfror.

Eva Jantschitsch hat als Live-Performerin in den letzten Jahren eine beachtliche Entwicklung hingelegt. Kam sie anfangs oft noch etwas unsicher und schüchtern rüber, ist sie mittlerweile zu einer mit allen Wassern gewaschenen Entertainerin mutiert. Ausgefallene Tanz-Moves (von wild stampfend bis lasziv rekelnd) gehören da ebenso dazu wie leicht schnippische Bemerkungen zwischen den Songs, aber freilich immer mit einer gewissen Portion Ironie versehen. Inhaltlich allerdings wird dieser ironisierende Bruch vielfach in die Augen der Betrachter bzw. die Ohren der Hörer gelegt und somit das Publikum gleichermaßen unterhalten wie gefordert.

Ausgelassene Stimmung herrschte vor allem am Ende des Konzerts, als Gustav ihren Hit "Rettet die Wale" mit qualmender Zigarette, auf dem Klavier liegend als Zugabe darbot. Doch damit gab sich das Publikum noch nicht zufrieden und so kehrten Gustav und Band für einen weiteren Song auf die Bühne zurück. Eva Jantschitsch sprach vor diesem letzten Lied über ihre Auftritte in Kärnten und dass dort ja bekanntermaßen vor nicht allzu langer Zeit die Sonne vom Himmel gefallen wäre. Die musikalische Antwort von Gustav? Eine erbauende Coverversion des Udo Jürgens Klassikers "Und immer wieder geht die Sonne auf".

© Robert Innerhofer, DrehPunktKultur

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