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Presse • 14.04.2009 • Karl Fluch, Der Standard

Salz und Pfeffer für die Grundthemensuppe

Clara Luzia veröffentlicht mit ihrer Band das Album "The Ground Below" und geht damit auf Tour. Sie spielt Popmusik, der die österreichische Provinzialität gänzlich fehlt

Restlos überzeugt wirkt Clara Luzia nicht von ihrem neuen Album. Da hilft auch ein der Begrüßung nachgereichtes Lob - "Es ist super geworden!" - nur wenig. "Ja, danke, aber die Trommel im dritten Lied, die ist nicht fett genug ..." Clara Luzia ficht einen aussichtslosen Kampf, zumal ihr Album The Ground Below fertiggestellt und gepresst ist und diese Woche erscheint. Und auch wenn sie als Involvierte mit einigen Details unzufrieden sein mag, ihr dritter Longplayer ragt aus den heimischen Veröffentlichungen der letzten Jahre weit heraus.

Wenn man davon ausgeht, dass 95 Prozent aller österreichischen Popmusikversuche Kopien internationaler Vorbilder sind, bleibt außer volksdümmlichem Schlager oder Austropop-Fossilien als originärem Auswurf nicht viel über. Wem das übel "pronaunziäschte" Gütesiegel "I am from Austria" deshalb auch eher als Stigma erscheint, wandert entweder aus oder versucht diese das ganze Land in Beschlag nehmende Provinzialität zu umgehen, zu überwinden.

Clara Humpel alias Clara Luzia gelingt das ganz vorzüglich. Luzia handhabt zwar bekannte Spielformen, die gerne unscharf unter US-amerikanisch geprägtem Independent-Rock schubladisiert werden, doch ihre Resultate lassen die üblichen, schon von einer gewissen Mieselsucht durchwirkten Einschätzungen - "für Österreich gar nicht so schlecht ..." - erst gar nicht aufkommen.

Mit The Ground Below platziert sich Clara Luzia souverän neben großen Namen des Fachs wie die Decemberists, Regina Spector oder anderen Formationen, die den leidlich strapazierten Begriff Indie-Pop mit diversen Kunstgriffen formal originell erweitern.

Alles schon gesagt

Luzia: "Ich glaube ja auch, dass im Pop schon ziemlich alles gesagt worden ist. Aber wo noch Spielraum besteht, ist in den Kombinationen. Oder wie man ein Thema abhandelt. Da kann man schon noch einmal hundert Liebeslieder schreiben. Auch wenn ich es manchmal selbst ermüdend finde - wahnsinnig innovativ kann man von der Thematik her nicht sein. Die Menschen haben halt ihre Grundthemen."

Den musikalischen Transport nämlicher Sujets verlagert die in Wien lebende Niederösterreicherin weg vom männlich-rockistischen Indie-Pop hin zu einer erleseneren Instrumentierung, mit der sie Salz und Pfeffer in die Grundthemensuppe streut. "Mit Bass, Gitarre und Schlagzeug klingt man wie viele andere. Mit Cello, Bläsern oder Quetsche eröffnen sich aber neue Möglichkeiten."

Mit einer derartigen Instrumentierung verleiht Clara Luzia ihren Songs nicht nur eine unterschwellige Eleganz. Auch ihre Auslassung zeitigt herausragende Ergebnisse: Etwa das Stück Faces, das lediglich auf einer durchmarschierenden Basstrommel aufbaut und nach dem ersten und zweiten Song gleich noch den dritten Höhepunkt des Albums markiert - ob die Basstrommel nun fett genug ist, oder nicht.

Clara Luzia, die unter der Woche zwei Tage für die Austria Presse Agentur jobbt ("Damit ich ein Grundeinkommen habe und - zwinker! - immer top informiert bin") zählt zu den Qualitätsgaranten einer Szene junger Bands, die auch außerhalb Österreichs wahrgenommen werden, was internationale Touren mit sich bringt.

Ab wann registrierte sie für sich so etwas wie Erfolg? Luzia: "Für mich war's das Größte, Radioairplay zu kriegen. Also rotationsmäßig und nicht bloß irgendwann um zwei Uhr nachts gespielt zu werden." Es folgte der Musikpreis Amadeus: "Das war schon eine schöne Bestätigung, weil ich da ja von Hörern gewählt worden bin. Den Amadeus an sich, den finde ich in der Form nicht gut."

Ansonsten hadert sie ein wenig damit, dass ihre Texte zu autobiografisch sind ("aber ich komme langsam eh weg davon"), oder mit dem Umstand, eine zusehends öffentliche Person zu werden: "Mir wäre es lieber, meine Lieder wären statt mir bekannt. Ich stelle mich zwar auf die Bühne und ziehe mich in den Texten relativ aus, aber mir wird's auch schnell zu viel. Das ist eine Gratwanderung."

Solange dabei Alben wie The Ground Below abfallen, ist alles gut. Schwelgerische und gleichzeitig stringente Folksongs wie All I Wish For You gehören ebenso zu Luzias Kunst wie das mehrdeutige The Gardener Of The Ground Below, das hübsch ermattete Tired City oder das mit großer Geste inszenierte Here Comes. Auch wenn im Pop alles schon gesagt worden ist, so gut hat es selten geklungen.

© Karl Fluch, Der Standard

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