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Kritik • 16.04.2009 • Oliver Baumann, DrehPunktKultur

hammerschmidgoss'n

Stubnblues, die Combo um Rock-Urgestein Willi Resetarits, präsentierte am Mittwoch (15.4.) in der ARGE Premiere die neue CD "no so vü".

16/04/09 "In einer von teils nur schwer erträglichen Traditionen überfrachteten Stadt", meint ARGE -Intendant Markus Grüner, "sei es notwendig Gegentraditionen zu entwickeln und zu pflegen. Er präsentierte mit diesen Worten die (Gegen-)Tradition einer neuerlichen Stubnblues-Premiere in der ARGE.

Unter dem Titel "no so vü" - vor einem Jahr bereits als "work in progress" live ausprobiert - präsentierte die Combo um Rock-Urgestein Willi Resetaritsl in nunmehr geschliffener Form die dritte Auslese dessen, was sie seit den ersten gemeinsamen Wandertagen in den Gasteiner Alpen verbindet: Die Freude am Experiment und die Unbeschwertheit Sprachen und Stile fernab des Hochgebirges zu vermengen und neu zu interpretieren.

Dabei bewegt sich der Stubnblues zusehends weg von inneralpinen Landschaften, durchforstet mehr die Gassen und Grätzeln Wiens, schlägt ungeahnte Brücken zu (burgenland-) kroatischen Volksliedern, um sich im Sound des Mississippi-Delta wieder zu finden. In dieser hörenswerten Mischung bewegt sich auch "no so vü": Vom "floridsdorfer bahnhof" geht's mit "ochtadreiska" über die "hammerschmidgoss'n" ins "hotel orient" und wieder zurück.

Das dargebrachte Liedgut entstammt einer weiten, illustren Runde an Autoren und Komponisten, wobei es vor allem die Handschrift HC Artmanns und Peter Blaikners ist, die dem neuen Album mit Liedern wie "winta" und dem einfühlsamen Titellied ihren Stempel aufdrückt. Als geschickter Komponist und "Vertoner" erweist sich abermals Gitarrist Stefan Schubert, während seine textliche Gestaltung eher etwas holprig wirkt, was auch das herausragende "zum letz'n mal" trübt. Herbert Berger und Christian Wegscheider den bereichern den Stubnblues um etliche, jazzig-anmutende Klangfarben. Schlagzeuger Peter Angerer, bisher als Tom Waits-Interpret gesetzt, wartet mit einer Gianmaria Testa-Nummer ("polvere di gesso") auf.

Die Freude an der Arbeit am dritten Silberling ist der Band vom ersten Moment an anzumerken, wenngleich schnell klar wird, dass die Premiere von "no so vü" vor allem nach der Pause auch Elemente einer Live-Probe hat, wenn Willi Resetarits mit seinen Einsätzen kämpft und so mancher Chorgesang erst beim dritten Refrain stimmige Gesangslinien findet. Die Unbeschwertheit der Darbietung ist davon nicht belastet und Resetarits badet förmlich in der ihm entgegengebrachten Sympathie seines Publikums, das den ARGE-Saal restlos füllt. Bisweilen lacht ihm auch sein pensioniertes alter Ego vergangener Jahrzehnte über die Schultern. Kein Wunder, dass es nach dem Auftritt ein enthusiastischer Fan auf den Punkt bringen will: "Du bist doch der Ostbahn Kurti, oder vielleicht ned?"

Der Brachialrock vergangener Ostbahn-Tage ist aber zweifellos nicht Sache des Stubnblues, wenngleich es die Blues-Licks Schuberts - als einziger im Ensemble nicht unplugged - sind, die stets als verbindendes Element und als gelegentlicher Weckruf im manchmal etwas langatmigen Multi-Kulti-Musizieren fungieren und ermahnen, dass dem Stubnblues musikalische Vorbilder wie Elvis Costello, Van Morrison und Herbie Hancock besser zu Gesicht stehen als Heinz Conrads und Karl Farkas.

© Oliver Baumann, DrehPunktKultur

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