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Nicolas Charaux – YDP IV – „Der Abschied“

von Walter Kappacher | Auftragswerk der Salzburger Festspiele | Uraufführung | In deutscher Sprache mit englischen Übertiteln.

Gastveranstaltung Montblanc & Salzburg Festival Young Directors Project

Grodek

Am Abend tönen die herbstlichen Wälder
Von tödlichen Waffen, die goldnen Ebenen
Und blauen Seen, darüber die Sonne
Düstrer hinrollt; umfängt die Nacht
Sterbende Krieger, die wilde Klage
Ihrer zerbrochenen Münder.
Doch stille sammelt im Weidengrund
Rotes Gewölk, darin ein zürnender Gott wohnt,
Das vergossene Blut sich, mondne Kühle;
Alle Straßen münden in schwarze Verwesung.
Unter goldnem Gezweig der Nacht und Sternen
Es schwankt der Schwester Schatten durch den schweigenden Hain,
Zu grüßen die Geister der Helden, die blutenden Häupter;
Und leise tönen im Rohr die dunklen Flöten des Herbstes.
O stolzere Trauer! Ihr ehernen Altäre
Die heiße Flamme des Geistes nährt heute ein gewaltiger Schmerz,
Die ungebornen Enkel.

Georg Trakl (1887–1914)

Grodek (Horodok) ist eine Kleinstadt in Ostgalizien – der heutigen Ukraine –, die während des Krieges mehrfach im Frontverlauf lag. Vom 6. bis 11. September 1914 wird Grodek Schauplatz einer Schlacht, an der auch der Salzburger Dichter und Magister der Pharmazeutik Georg Trakl als Sanitäter, oder genauer „Medikamentenakzessist“, teilnimmt. Trakl und seine Sanitätskolonne müssen ohne ärztliche Hilfe in einer Scheune mehr als hundert Schwerverwundete betreuen. Einer von ihnen erschießt sich vor Trakls Augen. Unter dem Eindruck dieser Erlebnisse stehend, versucht Trakl sich während des Rückzugs umzubringen und wird von Kameraden, die ihm die Waffe entreißen, daran gehindert. In Limanowa stationiert, wird Trakl vierzehn Tage später in den „Irrentrakt“ des Garnisonshospitals in Krakau verbracht und auf seinen Geisteszustand beobachtet. Am 25. und 26. Oktober besucht ihn Ludwig von Ficker, väterlicher Freund und Herausgeber des Brenner. Am 27. Oktober schickt Trakl ihm die versprochene Abschrift zweier Gedichte, „Klage“ und „Grodek“. Am 3. November stirbt der drogensüchtige Trakl mit 27 Jahren in seiner Zelle an einer Überdosis Kokain.

Im Nachlass findet sich sein Gedicht:

An Novalis

In dunkler Erde ruht der heilige Fremdling.
Es nahm von sanftem Munde ihm die Klage der Gott,
Da er in seiner Blüte hinsank.
Eine blaue Blume
Fortlebt sein Lied im nächtlichen Haus der Schmerzen.

Der Salzburger Dichter Walter Kappacher hat für die Festspiele dieses Stück geschrieben, das sich mit den spärlich dokumentierten letzten Tagen Georg Trakls beschäftigt. Walter Kappacher wurde 1938 in Salzburg geboren, verließ mit 15 Jahren die Schule und war in verschiedenen Berufen tätig. Er erhielt zahlreiche Auszeichnungen, u. a. den Hermann-Lenz-Preis 2004 und den Büchner-Preis 2009 für sein Buch Der Fliegenpalast.

Nicolas Charaux
Nicolas Charaux
Foto (c) Franziska Krug
  • Text Sven-Eric Bechtolf
  • Leading Team
  • Regie Nicolas Charaux
  • Bühne und Kostüme Pia Greven
  • Besetzung
  • Darsteller Paul Herwig

Premiere: 15. August, 20:00 Uhr
Weitere Termine: 17., 18., 20. und 24. August