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WAISEN von Dennis Kelly am 13.9.2018 um 19:30 Uhr

WAISEN von Dennis Kelly

theater.direkt - Regie: Michael Kolnberger

Theater Koveranstaltung mit theater.direkt

Helen und ihr Mann Danny feiern ihre Schwangerschaft. Da platzt Ihr Bruder Liam blutüberströmt herein und behauptet, auf der Straße von einem Araber zusammengeschlagen worden zu sein. WAISEN stellt zentrale Fragen nach Loyalität versus politische Gesinnung, zeigt, wie leicht verborgen geglaubte Gewalt in der Zivilgesellschaft abrufbar ist, und spielt - als Psychothriller mit schwarzem Humor - mit den Ängsten und Hoffnungen der Menschen.

Helen und ihr Mann Danny feiern ihre Schwangerschaft. Da platzt ihr Bruder Liam blutüberströmt herein und behauptet, auf der Straße von einem Araber zusammengeschlagen worden zu sein. Das Geschwisterpaar wurde durch den frühen Tod ihrer Eltern in einem Waisenhaus sozialisiert, Liam geriet – anders als seine Schwester – auf die schiefe Bahn.

Im Verlauf des Abends verstrickt sich Liam in immer tiefere Widersprüche und Helen befürchtet, dass er nicht das Opfer, sondern einmal mehr der Täter sein könnte. Danny, selbst Opfer von einem Überfall, will aber wiederum den Sachverhalt aufklären und die Polizei informieren. Helen stellt sich dagegen instinktiv schützend auf die Seite ihres Bruders.

supported by MBE

WAISEN ist ein hochaktueller Text über den wachsenden gewaltbereiten Zustand heutiger Gesellschaften. Nicht nur in Großbritannien mehren sich tätliche Übergriffe im öffentlichen Raum. Die Täter sind oft noch minderjährig, an keine Ideologie gebunden und kommen vermehrt aus desolaten sozialen Verhältnissen. Die Toleranzgrenzen unserer Komfortzonen weichen immer mehr auf. Margrets Thatchers gnadenloser Liberalismus und zügelloser Kapitalismus ist das destruktive Erbe, in dem Kelly und seine Bühnenfiguren sozialisiert wurden.

Das Stück ist ein Psychothriller, verpackt in makabere Komik schwarzen britischen Humors. Es hinterfragt den Wert moralischer Grundhaltungen ohne Antworten darauf geben zu wollen und entzündet brennende Fragen: Wo positionieren wir Zivilcourage, wo hört Loyalität auf, wo fängt Komplizenschaft mit dem Bösen und dem Zerstörerischen an? Was ist Wahrheit, Schwindel, vorgesetzte Lüge? Unter einer dünnen Schicht brodelt immer offensichtlicher das Resultat einer auseinandergedrifteten, ungerechten Gesellschaft. Wenn nun aber auch die Familie – das letzte soziale Rückzugsgebiet – zerbricht, dann hat die neoliberale Individualisierungsstrategie gesiegt.

  • Schauspiel Wolfgang Kandler, Max Pfnür, Marena Weller
  • Raum Arthur Zgubic
  • Dramaturgie und Inszenierung Michael Kolnberger
  • Lizenz Rowohlt Theater Verlag, Reinbeck

Dennis Kelly wurde am 16. November 1970 in eine irische Familie in Barnet, im Norden Londons, hineingeboren. Mit 16 Schulabbruch, danach Gelegenheitsjobs. Er schließt sich einer Jugendtheatergruppe an, die seine Begeisterung fürs Theaterspielen und für sein späteres Schreiben weckt. Am Barnet-Drama-Center machte er einen Abschluss in den Fächern Drama und Theater. Seine eigentliche Lebensschule und Schreibwerkstatt sind aber die Straßen der Londoner Problemviertel. Sein erstes Stück DEBRIS schrieb er mit 30 Jahren und wurde 2003 in London uraufgeführt. Es folgten Produktionen mit dem Hampstead Theater London, dem Edinburgh Festival und dem Royal Court Theater in London, der wichtigsten Talentschmiede des britischen Dramas.

Kellys Bühnenfiguren sind direkt aus dem Leben gegriffen, scharf beobachtet, unverblümt in Dialoge umgegossen und gehören, wollte man sie literaturtheoretisch klassifizieren zur ‚In-Your-Face‘-Ästhetik des modernen britischen Dramas.

Seine Stücke wurden alle übersetzt und an den ersten Theatern, auch im deutschen Sprachraum gezeigt: Burgtheater Wien, Thalia Theater Hamburg, Deutsches Theater Berlin. Die bei uns bekanntesten Stücke sind NACH DEM ENDE, LIEBE UND GELD, DIE GÖTTER WEINEN. Das 2009 entstandene Stück WAISEN (ORPHANS) wurde am Birmingham Repertory Theater uraufgeführt und erlebte 2010 am Theater Basel seine deutschsprachige Premiere. WAISEN ist eine Salzburger Erstaufführung.