Ausstellungseröffnung: "Ich bin eine Demo – und finde überall statt"
mit Anselm Wagner und Hans Peter Graß
ARGE schwerpunkt
Politik und Theater
Fotodokumentation von Cornelia Anhaus, Tonmaterial der Radiofabrik, Videos aus
der Reihe „Splitter“ von Studio West – Teil V, Dokumentation
der „Fernsehstunde“ von infoladen und Eva Gadocha
Der Titel der Ausstellung „Ich bin eine Demonstration“ ist Programm
und Zitat – ein solches Minitransparent hatte sich die Demonstrantin einer
nicht angekündigten Demonstration in München kurzerhand aufs T-Shirt
geklebt und genauso flugs kamen Menschen, informiert über Internet, Telefon
und SMS zusammen, um ihre politische Meinung öffentlich zu vertreten.
Nach den Bürgerbewegungen der 80er Jahre befindet sich die Demonstrationskultur
erneut im Wandel, und die heutigen AktivistInnen mittendrin in der eigenen Globalisierung
der Arbeitsweise: Vernetzung, dezentrale Organisation und Informationsaustausch,
vielfach gebündelter individueller Protest bringt heute Menschen gemeinsam
auf die Straße.
Die Inszenierung der oppositionellen Meinung wird in immer größeren
Ausmaß nicht mehr von politischen Parteien oder institutionalisierten
Interessensverbänden getragen und konzipiert, sondern stellt sich dar als
funktionierendes Patchwork verschiedener Gruppen, Einzelpersonen und Netzwerken,
wie z.B. asf, attac, oder ad hoc entstehende Gruppen wie die DonnerstagsdemonstrantInnen.
Diesen gelingt es, neue Interessenten anzusprechen und Bevölkerungsgruppen
für die Demonstration zu gewinnen, die dem gewohnten Bild von Demonstrationen
skeptisch gegenüber stehen.
Viele Faktoren haben dazu beigetragen, das Mittel der Demonstration neu zu beleben
und aus einer starren und ritualisierten Aktionsform herauszuholen: eine breite
Schicht von Interessenten, freie Medienberichterstattung, Netzwerke und Kommunikationsguerilla
(yesmen, autonome a.f.r.i.k.a-gruppe) oder DemonstrationsaktivistInnen wie die
Volxtheaterkarawane, die eingebettet in Demonstrationen arbeiten, haben das
neue Bild von Demonstration mitgestaltet, sind auf der Suche nach neuen Slogans,
Parolen und Veranstaltungsformen, die die heutige gesellschaftliche Situation
pointiert zum Ausdruck bringen und auch auf der Suche nach einer medialen Wirkung,
die die Demonstration über die einstündige Gehzeit hinaus zu einem
Symbol der öffentlichen Meinungskundgebung macht.
Cornelia Anhaus hat diesen Prozess der neuen Definition der Zeichen, die den
Protest wirksam machen drei Jahre lang mit der Kamera mitverfolgt und – mit
dem Schwerpunkt auf Salzburg – die Demonstrationskultur fotografisch dokumentiert.
In dieser Zeitspanne, vom ersten Regierungswechsel, über die WEF-Demonstrationen
bis zu den Demonstrationen gegen den Sozialabbau ist die Demonstration in Salzburg
in Bewegung gekommen. Neben den bekannten symbolischen Inszenierungen wie Vermummung,
Steinewerfen, die als riots an den Rand gedrängt werden können, sind
mit gezielten Interventionen, wie denen des Pink Blocks und Veranstaltungsformen
wie dem global village andere Protestformen entstanden und von vielen positiv
aufgenommen worden, die den Ausschluss der Öffentlichkeit von Entscheidungen,
wie sie z.B. beim WEF getätigt werden, die Legitimation entziehen.
Die Ausstellung basiert auf dem vom Salzburger „Kulturpreis für
Menschenrechte und Integration“ 2003 ausgezeichneten Feature der Radiofabrik
„Schwarzer Block, Weißer Block, Pink & Silver – Hörbilder
zur Salzburger Demo-Kultur 2001-2003“ von Iris Köck und Georg Wimmer.
Samples des Features begleiten und kommentieren die Ausstellung. Vertieft wird
der Blick in österreichische Symbolwelten durch Kurzfilme und Videos des
Studio West mit dem Titel „Österreich von A-Z“ aus der Reihe
„Splitter – Videodenkzettel für Salzburg und den Rest der Welt“.
Die Beiträge werden im ARGE Foyer zu sehen sein.
Zur Vernissage am 7. Oktober um 19.00 Uhr sprechen der Kunsthistoriker Anselm
Wagner über das Verhältnis von Kunst und Politik und Hans Peter Graß
über Perspektiven der Demonstrationskultur und der öffentlichen Meinung.
Cornelia Anhaus, geb.1977, ist freie Jornalistin und Fotografin.
Lebt in Ölling bei Salzburg
In Zusammenarbeit mit Radiofabrik – Freies Radio Salzburg, Studio West und
subnet.