ARGEkultur Salzburg Logo
ARGEkultur auf Facebook ARGEkultur auf Flickr ARGEkultur auf YouTube ARGEkultur auf Instagram

José Sanchis Sinisterra: ¡Ay, Carmela!

Ein Stück über den Spanischen Bürgerkrieg. Gastspiel des Theaters Kanton Zürich

ARGE theater Spanien 1936 - Europas Zukunft

Ein Schauspielerpaar tingelt durch das Spanien der 30er Jahre. Sie zeigen ein Nummernprogramm mit Liedern, Tänzen, Zaubereien. Tingeltangel eben. Ein harmloses Spiel zur Unterhaltung des Publikums. Eines Tages geraten sie in die Reihen der Faschisten und werden aufgefordert, die Truppe zu unterhalten. Doch an der Vorstellung, zu der auch eine Gruppe Gefangener mitgenommen wurde, die am andern Morgen hingerichtet werden sollen, will sich keine Leichtigkeit einstellen.

Ein phantastisches hochtheatralisches Spiel zwischen Leben und Tod, Heldenmut und Feigheit, auf der schmalen Scheide zwischen Berufsethos und Prostitution.

  • Carmela Rachel Matter
  • Paulino Antonio Da Silva
  • Regie Jordi Vilardaga
  • Bühne und Requisite Stefan Schwarzbach
  • Kostüme Maria Martinez Peña
  • Musikalische Einrichtung Enrique Marín
  • Choreographie Tänze Ursula Lips
  • Licht und Technik Theaterwerkstatt Stiftung Märtplatz
  • Kostümatelier Franziska Lehmann
  • Dramaturgie Peter Arnold und Marie-Louise Michel
  • Fotos Li Sanli

Zum Stück

Carmela und Paulino, ein Schauspielerpaar, geraten Francos Truppen in die Hände. Sie werden aufgefordert, ihnen und ihren Gefangenen eine Vorstellung zu geben. Aus dem harmlosen Unterhaltungsprogramm entsteht eine gefährliche Situation: was der Truppe ein willkommenes Amusement ist, gereicht den Gefangenen zu einer letzten „Gnade“ vor ihrer Hinrichtung.
Für Carmela und Paulino wird die Vorstellung zur künstlerischen Schicksalsfrage: wo endet Professionalität – wir tun, was verlangt wird – und wo beginnt die Prostitution? Als die Gefangenen der Internationalen Brigaden während der Vorstellung die republikanische Hymne anstimmen, fällt Carmela in den Gesang ein – das Schicksal entscheidet sich. Carmela wird hingerichtet.

„Und … bist du mir böse?“ – „Sieh mal, Paulino, jeder ist, wie er ist. Und du, nimm es mir nicht übel, du bist immer ein Scheißer gewesen.“

Tod oder Überleben, Held oder Scheißer – härter lässt sich die Frage nicht stellen.

Eine Elegie

Sinisterra nennt sein Stück eine Elegie über den spanischen Bürgerkrieg, ein Klagelied: eine Erinnerung an die Toten des Kriegs.

Der zweite Tod der Toten ist das Vergessen der Lebenden. Das Stück zielt genau darauf ab: an das Gedächtnis des Publikums zu appellieren, an das historische Gedächtnis und an das subjektive Gedächtnis. In gewisser Hinsicht ist Carmela die Trägerin dieser Art Zerbrechlichkeit der Toten, die sich langsam auslöschen, sich in Luft auflösen, wenn man sich nicht an sie erinnert.
José Sanchis Sinisterra 1991

Das Theater, das sich immer an seine Zeitgenossen zu richten vornimmt, wendet sich häufig der Vergangenheit zu, um die Gegenwart zu bereichern, um ihr Wurzeln, Sinn, Substanz zu geben. Diese Stücke aus der Retrospektive nennt man für gewöhnlich „historische Stücke“, aber mir erscheint diese Bezeichnung, offen gestanden, ein wenig feierlich und kartoniert. Anstatt den prätentiösen Begriff des „historischen Theaters“ zu verwenden, spreche ich lieber vom „Theater des Gedächtnisses“.
José Sanchis Sinisterra 2003

Der Autor José Sanchis Sinisterra

José Sanchis Sinisterra wurde 1940 in Valencia geboren. Spanien war durch den Bürgerkrieg verstört und im Würgegriff von Francos Diktatur. Katalonien kämpfte um die Erhaltung seiner Kultur und seiner Sprache. Als 17jähriger fand José Sanchis Sinisterra zum Theater, das er als einen Ort der Freiheit erfuhr.
Zwischen 1957 und 1966 leitete er verschiedene Studententheatergruppen. 1977 gründete er das Teatro Fronterizo in Barcelona und entwickelte es zu seinem Theaterlabor, in dem er die Grenzen zwischen Erzählen und Theater auslotet. Seine Stücke schreibt Sinisterra in spanischer Sprache.
Er pflegt enge Kontakte mit dem Theater in Frankreich und übersetzt die Stücke von Giraudoux, Cocteau, Anouilh und Claudel. Er sammelte die theoretischen Schriften von Copeau, Jouvet, Vilar, Barrault, Artaud und vor allem auch von Brecht und brachte diese nach Spanien.

¡Ay, Carmela! wurde im November 1987 in Zaragoza uraufgeführt.