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Presse | Nic Henseke, DrehPunktKultur 20.10.2007

Freundschaft Genossen!

"Herbststürme" war Titel einer Einladung der ARGEkultur, Freitag (19.10.) und Samstag (20.10.), sich im "Roten Salon" mit revolutionären bzw. terroristischen - jedenfalls politischen - Ereignissen der Zeitgeschichte auseinanderzusetzen.

Passend zur Jahreszeit wehen politische Winde durch den "Roten Salon" der ARGEkultur. Die "Herbststürme" sind Veranstaltungen, die mit künstlerischer Aufarbeitung zur kritischen Betrachtung rot-revolutionärer Ereignisse einladen. In Abgrenzung zur Bewertung durch die Bourgeoisie, das "Bürgertum", möchte man zur Bildung eines erweiterten Geschichtsverständnisses beitragen. bilden.

Was hat die Meuterei auf dem Schlachtschiff Potemkin (sprich: Potjomkin) mit dem Terror der RAF (Rote Armee Fraktion) der 70er Jahre zu tun? Diese, auf den ersten Blick willkürlich erscheinende, Gegenüberstellung geht auf eine Idee von Marcus Hank, eines der beiden künstlerischen Leiters der ARGEkultur, zurück.

Der Abend unter dem Titel "Panzerkreuzer Potemkin meets Rote Armee Fraktion" am Samstag (20.10.) brachte einen Medienzusammenschnitt aus Tagesschauberichten von 1977 rund um die Entführung des Arbeitgeberpräsidenten Hanns-Martin Schleyer und die Kaperung der Lufthansamaschine "Landshut". Vertont wurde dies von Bülent Kullukcu, der mittels mechanischer Musik eine verzerrte, beklemmende Atmosphäre schaffte. Die Vertonung erreichte streckenweise ein nervtötendes Niveau, weniger wäre hier mehr gewesen. Mutig an dem Stück war, dass Mikail Tufan dem Publikum die Gedankengänge der Terroristen als Live-Sprecher auf der Bühne näher brachte: Während die Welt im Nachrichtenrückblick gespannt Richtung Deutschland blickt, wie die junge Demokratie auf Gewalt reagieren wird, bügelt Mikail rote Fahnen und kommentiert aus Sicht der RAF.

Dem gegenübergestellt wurde die Aufführung des russischen Propaganda-Kinofilms "Panzerkreuzers Potemkin" von Sergei Eisenstein aus dem Jahr 1925, der vom Salzburger Musiker iROY live-elektronisch interpretiert wurde. Die Zwischentexte des Schwarz-Weiß-Filmes waren auf Deutsch, während Beata Milewski diese auf Russisch mitsprach - was der Atmosphäre des Filmes gut entgegen kam.

Am Ende des Abends sah sich der Zuschauer mit vielen Fragen konfrontiert: Hatte sich im "Deutschen Herbst" eine Demokratie verteidigt, oder reagierte ein Regime mit aller Härte auf Gefahr? Ist der Imperialismus das Bindeglied zwischen Faschismus und Kapitalismus? Sind Freiheitskämpfer, wenn sie verlieren, Terroristen? Und wenn man nun die Geschichte der "Potemkin" mit dem Kampf der RAF vergleicht: Kann eine Revolution ohne eine revolutionäre Volksmasse überhaupt gelingen?

Weniger ergiebig war Kurt Palms Lesung aus dem "Kapital" am Freitag (19.10.). Frei nach Marx könnte man sagen: "Ein Gespenst ging um in Europa! Es war das Gespenst des Kommunismus." Dem würde Kurt Palm widersprechen, denn Marx gehört für ihn keineswegs auf den Misthaufen der Geschichte. Um die Aktualität des "Das Kapital" zu beweisen, referiert er aus diesem.

Mit dem Arbeiterlied "Brüder zur Sonne zur Freiheit" beginnt Palm seinen Auftritt. Begleitet wird er auf der Gitarre von Chrono Popp, der hin und wieder in die Seiten greift, um die Dramatik zu steigern. Wie der Archetyp eines Professors des 19. Jahrhunderts, geht Palm, ohne sein Plenum auch nur eines Blickes zu würdigen, zu seiner Vorlesung über.

Diese ergab einen recht repräsentativen Querschnitt durch das Buch - soweit das bei diesem Mammutwerk möglich ist. Dazu zwei Zitate eingestreut, eines von William Shakespeare und eines von Christoph Columbus - beide zum Wert des Goldes und dessen verruchten Charakter. Nach 45 Minuten wird "die Internationale" gespielt. Verneigung und Abgang.

© Nic Henseke, DrehPunktKultur

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