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17.07.2008 • Erhard Petzel, DrehPunktKultur

Doch nicht zu alt für sowas

Das JIMS gilt international als einer der innovativsten Workshops für Jazz und improvisierte Musik. In der Vorwoche haben die Kurse und Konzerte stattgefunden.

Die erste Nummer lässt zwei fortgeschrittene Twens mit dem Hinweis das Weite suchen, dass sie für dergleichen schon zu alt seien. Ich teste mich (immerhin könnte ich der Vater der beiden sein), und beschließe zu bleiben. Zwar ist der Eindruck nicht ganz von der Hand zu weisen, dass da etwas beliebig technisch herum gezirpt und gerauscht würde, aber die erste Nummer dient erfahrungsgemäß meist dazu, sich auf einen Zustand einzustellen. Ich sollte meinen Entschluss nicht bereuen.

Die einzelnen Nummern sind genial aufeinander abgestimmt. Obwohl einzelne Klang- und Performance-Parameter sich naturgemäß durchziehen, wird ein ansehnlicher Spannungsbogen aufgebaut. Kalkuliert kombinierte und komponierte Klangentwicklungen ziehen den Hörer stets neu in ihren Bann und machen jede Nummer zu einer unverwechselbaren Einheit.

Wenn andernorts ein Tenorsaxophonist mit dem Oberschenkel sein Instrument dämpft, dient das vielleicht als Gag für das Publikum. Hier kommt man gar nicht auf die Idee, dass die visuell gebotene Akrobatik andere Ziele verfolgte als das Maß für die vokalen Eruptionen, deren Gebrochenheit mitunter von wahrhaft herzzerreißender Wirkung ist. Eine seltsame Balance von verfremdetem akustischen Klang, akustischem Klang in verfremdeten Welten oder wenigstens in synthetischer Umgebung, die fallweise auch etwas aufdringlich in den Vordergrund drängt. Faszinierend die Kommunikation im Ensemble zur Entwicklung dynamischer und klanglicher Strukturen.

Da kann es schon einmal sein, dass die Kunststoff-Gesäßschalen im ARGE-Saal zum deutlichen Störfaktor werden, wenn die Musiker durch Rücknahme dynamischer Parameter und das Auswachsen von Pausen Verinnerlichung zelebrieren und das überwiegend studentische Publikum unruhig zu wetzen beginnt.

Wollte man sich anfangs über die Grimassen und ekstatischen Gebärden der Keyboarderin zu ihrem Klangschrott belustigen, hat das gesamte Ensemble letztlich tiefen Respekt geerntet für seine außerordentlich spannende und beglückende Musik.

© Erhard Petzel, DrehPunktKultur

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