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Kritik • 05.05.2008 • Oliver Baumann, DrehPunktKultur

Im Wendekreis der Wende

Thomas Maurer war am Freitag (2.5.) zu Gast in der ARGEkultur und leistete wertvolle staatsbürgerkundliche Erinnerungsarbeit.

Thomas Maurer ist zweifellos ein vielbeschäftigter Künstler hierzulande. Zahlreichen Auftritten im Fernsehen als einer von "Die 4 da" oder bei "Was gibt es Neues?" stehen seine Bühnenprogramme - ob solo oder mit Branchenkollegen wie Florian Scheuba - gegenüber. Dazwischen liegt Maurers Schreibarbeit für die Tageszeitung Kurier. Seine all-samstägliche Kolumne begleitet den Aufstieg des 40-Jährigen bereits seit über zehn Jahren.

Nun hat sich Maurer entschlossen abermals nach 1999 die besten daraus in einen (zweiten) Sammelband unter dem Titel "Im Wendekreis der Wende" zu stecken und gleich selbst als "Papiertiger" daraus vorzulesen und gegebenenfalls dazu zu schwadronieren. Am Freitag (2.5.) war er zu Gast in der ARGE.

Der Titel des Sammelbandes macht klar, dass sich der inhaltliche Faden durch sein "Best of" anhand der so genannten Wenderegierung ÖVP-FPÖ spinnen lässt. Und so muss Maurer im Rahmen eines "Blockseminars der Neigungsgruppe Innenpolitik" zu Beginn doch so manch' Geschehen, vor allem aber so manch' kuriose Gestalt der Anfangszeit dieser Wenderegierung unter Bundeskanzler Schüssel erst wieder vergegenwärtigen. Daher entzündet Maurer zuerst ein bitterböses satirisches Feuerwerk, in dem er vermeintliche Spitzenpolitiker aus den Reihen der damaligen FPÖ wie Elisabeth Sickl oder Michael Krüger in Erinnerung ruft, um sie sogleich in Rauch und spöttischem Gelächter aufgehen zu lassen.

Dann erst setzt sich Maurer, um zu lesen und um in treffenden Worten das Lächeln der Protagonisten der damaligen Regierungsriege und ihrer Opponenten zu analysieren: Susanne Ries-Passer lächelt wie die mit dem Rest der Familie zerstrittene Firmpatin und Alfred Gusenbauer grinst als harmloser und doch gewinnorientierter Einzelhandel-Filialeiter vom Passbild. Auch das Geschriebene aus der Hand Maurers trifft gekonnt ins Schwarze. Sein differenziertes und überaus geschickt inszeniertes Vorlesen gibt dem Abend gleichermaßen Spaß und Spannung.

Geistreich sind auch Maurers Schwenker und spontane Programmänderungen, wodurch sich auch Karl Schnell unvermittelt auf der Liste der Karikierten wieder findet. Überhaupt kann Maurer kaum von seinem liebsten Feind, der FPÖ - vor und nach der Schlacht auf dem Knittelfeld, lassen. Dies sorgt im zweiten Teil des Abends auch für unnötige Längen, da Maurer für seinen beharrlichen Spott auf Österreichs ehemalige "dritte Kraft" neben dem unvermeidlichen Jörg Haider auch allzu gerne gestrige Gestalten wir Hilmar Kabas aus dem Off auf die Bühne schleppt, um die verbale Flinte zu entladen.

Kurzweilig und erfrischend schlagkräftig geht er indessen mit Sozialhilfe-Antragsteller Albert Fortell ins Gericht, gönnt sich einen Entwicklungs-Vergleich zwischen viktorianischem England und islamistischem Saudi-Land und entschuldigt Alfred Gusenbauers naive Sandkastenträume als Folge eines Feen-Zanks.

Es waren innenpolitisch betrachtet zweifellos nicht nur lustige Jahre zwischen 2000 und 2007, und bisweilen muss "das Hirn einen Saumagen haben" um zu verkraften, was bereits wieder in Vergessenheit gerät, doch Maurers wortreiche und zugleich geschliffene Auseinandersetzung mit dieser Zeit, erleichtert einem - sowohl von der Bühne vorgetragen als auch im Buchformat - so manches mit einem ungequälten Schmunzeln abzuhaken. Gelungen!

© Oliver Baumann, DrehPunktKultur

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