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Kritik • 05.11.2010 • Michael Russ, DrehPunktKultur

Eich Dodln gib i Gas

Die Bierflasche in der einen Hand, eine Umhängetasche in der anderen, betritt Austrofred die noch schwach beleuchtete Bühne. Nach einigen Schritten fordert er lautstark "Applaus", was vom Publikum brav befolgt wird. Austrofred, der österreichische Medienkünstler Franz Adrian Wenzl, las aus seinem neuen Buch "Du kannst Dir Deine Zauberflöte in den Arsch schieben".

Sobald er in der Bühnenmitte ankommt richtet sich ein Scheinwerfer auf ihn. Nun gibt Austrofred den Zuschauern Gelegenheit, ihn ausgiebig zu bewundern.

Schwarzes - nicht mehr ganz so dichtes Haar - pomadeglänzend nach hinten gelegt, schwarzer Schnauzbart, gelbe Kunstlederjacke, weißes Leibchen, weiße Seidenhose mit roten, doppelten Seitenstreifen und Adidas-Turnschuhe: In Styling und Bewegung drückt dieser Mann aus, dass er sich als österreichischen Nachfolger von Freddie Mercury sieht.

Der Saltchwerpunkt des Abends liegt aber nicht beim Sänger, sondern beim Autor Austrofred. Mit "Du kannst Dir Deine Zauberflöte in den Arsch schieben" hat er nach "Alpenkönig und Menschenfreund" und "Ich rechne noch in Schilling" sein drittes Buch abgeliefert. Ausgangspunkt: Mit Hilfe einer vom Physiker Prof. Zeilinger entwickelten Beam-Maschine, kann er Briefe an Wolfgang Amadeus Mozart in die Vergangenheit senden, die von diesem beantwortet und auf nicht genannten Wegen zugestellt werden.

Unauffällig erkundigt er sich gleich einmal nach Mozarts Erfolgsrezept: "Woiferl, how did you do it?" Für Mozarts Antworten hat Austrofred auf Originalbriefe des Komponisten zurückgegriffen. Seine eigenen Briefe sind so gebaut, dass der Briefwechsel echt erscheint.

Nachdem er den ersten Mozartbrief noch selbst gelesen hat, holt er sich für die weiteren Briefe immer einen anderen Zuschauer auf die Bühne, der für seine Leistung jeweils mit einer Mozartkugel belohnt wird.

Diese Leistungen fallen unterschiedlich aus. Austrofred gibt den strengen Lehrer und bessert Fehler -hauptsächlich Aussprachefehler - unerbittlich aus und nutzt sie für die unterschiedlichsten Stegreifpointen. Seine Briefe können an Derbheit durchaus mit den Mozartoriginalen mithalten. Seitenhiebe auf Politik, Österreich im allgemeinen, Salzburg im besonderen, auf die Fans, die Musikszene oder auf Ö3 lösen beim Publikum immer wieder Lachstürme aus.

Auch der Musiker Austrofred kommt zu seinem Recht: in einer Mischung aus Wolfgang Ambros, Falco, STS und den unvermeidlichen Queen (Freddie Mercury eben) singt er "Woiferl, wüllst net obakuman auf an schnölln Kaffe?

Im zweiten Teil halten sich Musik und Lesung die Waage. Das Publikum wird zum Mitsingen animiert. Queenhits werden mit Austropop-Texten und Austrofred-Ergänzungen dargebracht.

So wird aus "Anotherone bites the dust" und "Zwickts mi" das recht derbe "Eich Dodln gib i Gas". Das Publikum singt den Refrain begeistert mit, obwohl offen bleibt, ob man mit den Dodln nicht auch selbst gemeint ist.

Nachdem er schon bei Zeiten die gelbe Jacke abgelegt hat, absolviert Austrofred ganz im Sinne des Vorbilds Mercury die letzte halbe Stunde mit nacktem Oberkörper und fordert immer mehr Gesangsleistung von seinem Publikum. Das geht begeistert mit und ist mit dem netto fast zweieinhalb Stunden dauernden Auftritt offensichtlich vollauf zufrieden.

© Michael Russ, DrehPunktKultur

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