ARGEkultur Salzburg Logo
ARGEkultur auf Facebook ARGEkultur auf Flickr ARGEkultur auf YouTube ARGEkultur auf Instagram
Kritik • 17.04.2013 • Florian Oberhummer, SVZ

Macht und Moral im Keller

MotzArt-Festival: Martin Puntigam polarisierte mit „Luziprack“

Historisches ereignete sich in den Räumlichkeiten der ARGEkultur: Von rund 110 Besuchern des Kabarettabends von Martin Puntigam verließen rund drei Viertel noch vor oder während der Pause den Saal. Was hatte der „Science Buster“ ausgelöst, dass sich weite Teile des kabarettafffinen Festival-Publikums der MotzArt-Woche völlig entnervt vorzeitig auf den Heimweg begaben? Auch mit mehreren Tagen Abstand lässt sich dieses Phänomen nicht leicht erklären. Fakt ist, dass der Grazer Kabarettist eine fordernde, nicht leicht konsumierbare Definition von Satire pflegt, wie sie kaum ein anderer derart kompromisslos umsetzt. „Luziprack 2012“ baut dabei auf ein Solo-Programm auf, das Puntigam 2006 entwickelte – noch vor der Immobilienblase.

Die neoliberale Kunstfigur, die Puntigam verkörpert, ist reichlich ungeniert. Vermögensberater – und ein richtiges Arschloch. Mit wallender Dauerwelle, dem Kamel-Jackerl vom Designer und einem irritierend-eindeutigen Dauerschniefen während seines Monologs macht sich der Westentaschen-Lehman auf in die Provinz, um für den bettlägrigen Vater zu sorgen – und die Zukunftspläne für seine Familie samt der Sprösslinge Varus (wie der Feldherr) sowie Bini (vulgo Agrippina) zu erörtern.

Doch die Heimat weckt Erinnerungen an das erste Petting mittels K.O.-Tropfen und rektale Lausbubenstreiche – kein Hindernis für einen Ortswechsel. Im zweiten Teil findet sich Puntigam (im Dirndl!) bereits vor dem Griller wieder, den Nachbarn hat er in bester Fritzl-Manier im Keller gefügig gemacht, das Survival-Messer der Jugend gegen Nachtsichtgerät und Richtmikrofon eingetauscht. Denn ob beim ehelichen Blow Job oder den sachlich dargelegten Bombenplänen: Es geht immer um Macht. Nicht zuletzt deshalb wirkt die drastisch-virtuose Weise, wie Puntigam uns den Vollproleten im Mittelstands-Erfolgstyp vorführt, höchst unangenehm. Den Anspruch an Satire erfüllt er damit mustergültig. Eine ARGE-Sternstunde jedenfalls – trotz (oder gerade wegen) der kontroversen Reaktionen des Publikums.

© Florian Oberhummer, SVZ

WWW