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Kritik • 20.10.2008 • Oliver Baumann, DrehPunktKultur

Melancholie am Ende des Kapitalismus

Peter Licht, die geheimnisvolle Lichtgestalt der deutschen Pop-Szene, gastierte am Sonntag (19. 10.) in der ARGEkultur.

"Fortan darf man sich den Melancholiker als glücklichen Menschen vorstellen" verkündet die von Peter Licht, und verweist damit nicht nur auf des Protagonisten viertes Album, sondern nimmt auch den Grundtenor von "Melancholie und Gesellschaft" vorweg.

Peter Licht selbst zählt zweifellos zu den spannendsten Persönlichkeiten der deutschen Popszene. Nicht nur durch sein publicity-scheues Auftreten gibt er Rätsel über sich und seine Person auf, auch die Art, wie sich der Wahlkölner seit rund zehn Jahren an der deutschsprachigen Popmusik versucht, darf getrost nachhaltig erforscht werden. Genau dies hatten sich auch am Sonntag (19.10.) Abend rund vierhundert Zuseher in der ARGEkultur vorgenommen - doppelt so viele wie vor zwei Jahren an selber Stelle.

Von düsterer Beleuchtung umhüllt, tasteten sich Licht und seine Mitmusiker vor den Augen des staunenden, fast ängstlich stillen Publikums an den Abend heran. Fast zum Greifen dicht war die Spannung bei "Räume räumen" aus der aktuellen CD, ehe sich die Bühne zur Begrüßung des Publikums nach drei Nummern erhellte und die Musik merklich an Fahrt aufnahm.

Was jedoch blieb, war die textliche Verschlungenheit und die karge choreographische Darbietung, beides reizvoll auf die Botschaft des Licht'schen Liedguts fokussiert. Darin tummelt sich zumeist der Ich-Erzähler durch die Unwegsamkeiten und Verlockungen unserer Gesellschaft: Konsum, Kommerz und Körperkult als Irrwege des 21. Jahrhunderts ("Marketing"). Dagegen bauen sich frohe Hoffnungen und träumerische Gegenwelten auf ("Das absolute Glück", "Dein Tag"), versuchen raffiniert verzerrte Wahrheiten dem Menschen seine vermeintliche Mittellosigkeit zu nehmen ("Gerader Weg", "Alles was du siehst gehört dir"). Dabei vermeidet es Peter Licht - mit bürgerlichem Namen Meinrad Jungblut - tunlichst, Nachhilfe in Lebensbewältigung zu erteilen. Er beobachtet, karikiert vielmehr - und lädt zum Schmunzeln ein ("Trennungslied", "Wettentspannen").

Musikalisch zeigt sich der Protagonist jedoch bisweilen dünn gebettet, in der Stimme oft etwas kraftlos und an der E-Gitarre gerne etwas unpräzise. So werden auch manche in der zweiten Hälfte der Darbietung zum Vorschein kommende ältere Nummern klamauk-hafterer Provenienz unfreiwillig zu Kuriositäten wie der "Wolf im Fuzzipelz". Wenngleich diese Stimmungsbolzer im Publikum freilich willkommen sind, durchbrechen sie doch etwas störend den Verlauf des melancholisch-schönen Abends. Aber am "Safari-Nachmittag" oder dem "Sonnendeck" ist freilich nur schwer vorbei zu kommen.

Und schließlich kehrt Licht auch wieder in die kurzzeitig verlassenen Gefilde zurück, betrachtet noch einmal sich und sein Umfeld, begrüßt einen Neuanfang ("Unsere Zeit") und wiederholt, was vor zwei Jahren noch verschroben, heute im Rückblick prophetisch anzumuten scheint: "Vorbei, vorbei, vorbei, der Kapitalismus - jetzt ist er endlich vorbei!"

© Oliver Baumann, DrehPunktKultur

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