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Kritik • 05.11.2008 • Heidemarie Klabacher, DrehPunktKultur

Gott und das Kabarett

Gunkl, Malmsheimer und Brix traten am Dienstag (4.11.) "Selbdritt" in der ARGEkultur auf.

Gunkl ist angetreten, die letzten verbliebenen großen Fragen von Theologie und Philosophie, Physik und Metaphysik zu beantworten.

Gunkl leidet wirklich darunter, wenn Gott unlogisch agiert: Wenn etwa der vorgeblich "Allwissende" erst im Nachhinein draufkommt, dass die Erschaffung des Menschen ein Fehler war und er zur Auslöschung der Spezies eine Sintflut schicken muss (Zeus hatte übrigens ganz ähnliche Probleme, aber der war ja auch nicht allwissend).

Neben dem Sintflut-Mythos ärgert Gunkl aber auch der Gottesbeweis mit dem Argument, die Schöpfung folge einem "intelligent design": "Der See reicht genau bis zum Ufer - super toll." Lieber Gunkl: Seit heute gibt es einen neuen Präsidenten in den USA. Und der wird schon aufräumen mit den phantastischeren Hirngespinsten der Creationisten und Armageddon-Veteranen unter den engsten Beratern. Dann wird die Welt gesunden - und dann müssen sich auch die Kabarettisten nicht mehr plagen: mit Anselm von Canterbury und dem "ontologischen" oder mit Thomas von Aquin und dem "teleologischem" Gottesbeweises (der ja direkt zum Gwirks mit dem "intelligent design" führt).

Für die Unschärfen in der höheren Mathematik (1+1 ist höchstens bis zum Ende der ersten Vorschulklasse 2) steht freilich kein Messias in den Startlöchern. Hier wird Gunkl noch länger gunkeln, pardon kiefeln, und Kabarett aus der obersten Schublade absondern müssen: Haushoch über all dem gewöhnlichen "Kabarettisten-Gemoser" über Politik oder sonstige Banalitäten agiert Gunkl wie ein verklemmter Ober-Buchhalter, der zur Selbstfindung nach Dienstschluss seine gelbe Cargo-Hose angezogen hat.

Trotzdem ist noch einer über Gunkl - und das ist nicht Gott (den hat er ja beinah weg-bewiesen) - sondern Malmsheimer.

Geboren 1961 in Essen, blickt Malmsheimer - aufgewachsen "in der schlimmsten Zeit, als die Telefone noch orange waren" - auf eine schwere Kindheit in den siebziger Jahren zurück. Wobei man ihm zurufen möchte, dass die Skaterhosen mit dem knietiefen Hosenboden auf die heutige Jugend vermutlich genauso traumatisierend wirken, wie die unsäglichen Glockenhosen damals. Im Übrigen weilt Malmsheimer - Ruhrgebiet hin oder her - in einem kabarettistischen Arkadien des puren Nonsens, des gröbsten und des feinsten Unfugs. Er spielt mit Wörtern, Sprache und Literatur, wie Gott am ersten Tag mit den ersten frischgeschaffenen Sandkörnern, Murmlen und Gebirgen: selbstvergessen, selbstverständlich, gnadenlos ... Nur manchmal schnappt die Stimme über, etwa bei der Erinnerung an Unterwäsche Marke "Schiesser-Feinripp".

Und dann also noch Brix: Da scheint sich einmal nicht ein Kabarettist als Schauspieler zu versuchen, sondern ein Schauspieler als Kabarettist: Erstaunlich, wie stark das Publikum auf die umschlagende Stimmung angesichts der Geschichte von einer tragisch verlaufenden (und vergleichsweise geschmacklos endenden) Herzoperation reagierte. Witzig freilich Brixens Analysen einiger unzeitgemäß langsamer Burgenländerwitze.

Drei Kabarettisten, drei Solisten. Schade irgendwie, dass Gunkl, Malmsheimer und Brix nicht wirklich "Selbdritt" in Dia- oder Trialog, sondern einfach linear hintereinander aufgetreten sind.

© Heidemarie Klabacher, DrehPunktKultur

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