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Kritik • 19.11.2008 • Samir H. Köck, Die Presse

Mit Obama-Sticker und "Yes, I have!"

Matthew Scott präsentierte im WUK sein grandioses Debütalbum. Nach Jahren des Experimentierens mit Punk und House hat er entdeckt, dass er für die Ballade geschaffen ist.

Ein monströser Vollbart beschützt die Traumverfangenheit des schmalen Antlitzes. Ein Volahiku (vorne lang, hinten kurz), Gegenmodell des hierzulande häufigen Vokuhila, reicht bis zu den Wimpern und tarnt die scheuen Augen. Doch nicht die Augen sind die Fenster zu Scott Matthews Seele, seine Stimme ist es, die Ausblick und Einblick gewährt. Die zittert sich in selige Höhen, verebbt effektvoll in Hauchen; wenn sie sich einmal in den tieferen Registern aufhält, erinnert sie an Elvis Costellos guttural-zittriges Klagen.

In Wien rief der in New York residierende Australier gleich zu Beginn, in "Surgery", nach radikalem Schnitt: "Cut me open, rearrange, healing hands, cut me open, steal this pain." Der tosende Applaus fungierte als bauschiger Wundtupfer von solch merkwürdigen Selbstheilungsversuchen. Matthew war ob der Begeisterung ehrlich verlegen, stammelte Dinge wie "You are so beautiful. We are only the ugliest of New York ..."

Ein Viertel Rot und eine Kindergitarre

Nach Jahren des Experimentierens mit Punk und House hat er entdeckt, dass er für die Ballade geschaffen ist. Das heuer erschienene Debütalbum "Scott Matthew" ist grandios. Begleitet von der schönen Marisol Martinez am Flügel, einem russischen Cellisten und dem famosen Eugene Lemcio an Daumenklavier und E-Bass, gab der wundersame Sänger auch live eine erhebende Vorstellung. Mit nichts als einem Viertel Rot, Kindergitarre und nackter Stimme entführte er in eine bessere Welt, in der Enttäuschung mit unvergesslichen Melodien belohnt wird.

Verdrossenheit hat angesichts der Endlichkeit des Daseins keinen Platz. Bloß episches Seufzen gestattete sich der junge Mann: "And as your last breath begins, you find your demon's your best friend, and we all get it in the end." Mit großer Passion stellte er "Market Me To Children", seinen "ersten und letzten Protestsong" vor, verzärtelte die sanften Grooves von "Ballad Dear" und "Habit". Geradezu magisch: seine Version von Burt Bacharachs "This Guy's In Love With You". Niemand war verwundert, dass der Exzentriker mit dem Obama-Sticker gegen Ende noch "Silent Nights", ein eigenes Weihnachtslied, zelebrierte. "Yes, we can" sagte Obama, und Matthew setzte fort: "We will! And I have!"

© Samir H. Köck, Die Presse

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