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Pepa Hristova „Sworn Virgins“ am 12.11.2015 um 19:15 Uhr
Foto (c) Pepa Hristova

Pepa Hristova „Sworn Virgins“

Ausstellung der preisgekrönten deutsch-bulgarischen Fotografin über albanische Schwur-Jungfrauen.

ARGE schwerpunkt ARGE open mind festival

Die Fotoserie von Pepa Hristova „Sworn Virgins“ versetzt die Betrachter*innen in die archaische Welt von Frauen mit einer männlichen Identität in Albanien. Nach der jahrhundertealten Tradition schwören diese jeglicher Sexualität ab und leben in dem anderen Geschlecht, um die Ehre der Familie zu retten und die gleichen Rechte wie Männer zu bekommen. Mit dieser Arbeit, die aus Porträts, Landschaften und Archivfotos besteht, hat Hristova mehrere Preise eingeheimst, sie wurde mehrmals ausgestellt und ist in diversen Magazinen abgedruckt worden.

Im Norden Albaniens leben bis heute die sogenannten Schwur-Jungfrauen, „Sworn Virgins“, in der Landessprache „Burrneshas“ genannt – die letzten Mann-Frauen Europas. Eine mündlich überlieferte Gesetzessammlung aus dem Mittelalter erlaubt Familien, die ihr männliches Oberhaupt – nicht selten durch Blutrache – verloren haben, eine Frau aus der Verwandtschaft als Stellvertreterin zu bestimmen. Voraussetzung ist jedoch, dass diese ein unwiderrufliches Gelübde ablegt: Sie muss schwören, ihre Jungfräulichkeit für immer zu bewahren.
Erwachsene Frauen können den Schwur leisten, um den Platz des verstorbenen Vaters oder Bruders einzunehmen. Aber auch neugeborene Mädchen können zu Söhnen erklärt und als Jungen erzogen werden, damit die Familie einen männlichen Erben hat. Nicht selten legen auch Frauen, die sich einer Zwangsheirat entziehen wollen, den Eid ab. Sie versprechen sich davon mehr Anerkennung im herrschenden Patriarchat.
In der Folge werden sie in der Familie geachtet und erhalten den Status eines Mannes. Die Schwur-Jungfrauen leisten Männerarbeit, kleiden und verhalten sich wie Männer, sind aber keine Männer im sexuellen, sondern in einem gesellschaftlichen und sozialen Sinn. Die Schwur-Jungfrauen füllen ihre Rolle so perfekt aus, dass sie im Laufe der Zeit ausserhalb der Familie nicht mehr als Frauen erkannt werden. Diese Tradition ist das einzig bekannte Beispiel für einen institutionalisierten Geschlechter-Rollenwechsel innerhalb Europas.

Die ursprünglich aus Bulgarien stammende Fotografin Pepa Hristova begleitete für „Sworn Virgins“ 13, zwischen 30 und 84 Jahren alte, Burrneshas von 2008 bis 2010 in Nordalbanien. Daraus entstand die Fotoserie „Sworn Virgins“ sowie 2013 das gleichnamige Fotobuch, herausgegeben von F. C. Gundlach, erschienen im KEHRER Verlag.

Im Rahmen des Open Mind Festivals „Ich ist eine Andere“ sind ihre Bilder erstmals in Salzburg zu sehen.

Vortrag

Am 19. November erzählt die preisgekrönte Fotografin in einem Vortrag von ihren Erfahrungen.

Pepa Hristova

Pepa Hristova
Pepa Hristova

geboren 1977 in Bulgarien, lebt in Hamburg. Sie studierte Kommunikationsdesign mit Schwerpunkt Fotografie an der Hochschule für Angewandte Wissenschaften in Hamburg. Ihre Faszination für die gebrochene Schönheit des Ostens und ihr Interesse an sozialen Phänomenen und archaischen Traditionen führen sie in ihrer fotografischen Arbeit zu einer Auseinandersetzung mit der unbekannten, im Wandel begriffenen Seite Europas. Hristova hat an zahlreichen Serien über Osteuropa gearbeitet: Sie thematisiert die Entfremdung von Muslim*innen im orthodox geprägten Bulgarien, dokumentiert mit den „Sworn Virgins“ einen jahrhundertealten Brauch Nordalbaniens oder blickt hinter die sonst verschlossenen Türen bulgarischer Kinderheime.

Pepa Hristova erhielt für ihre Arbeiten zahlreiche Stipendien und Auszeichnungen, u. a. 2008 den C/O Berlin Talents Preis, 2009 den Otto-Steinert-Preis für subjektive Fotografie, das Stipendium der Akademie der Künste Berlin, 2010 das Grenzgänger Stipendium der Robert Bosch Stiftung. Ihre Bilder wurden u. a. in den Deichtorhallen Hamburg, bei C/O Berlin und der Akademie der Künste Berlin ausgestellt.

Open Mind Festival 2015 Ich ist eine Andere

Passend zum Thema des Festivals 2015 verwenden wir bewusst nicht das Binnen-I, sondern versuchen mit dem Gender-Star oder Asterisk* alle Menschen anzusprechen – auch diejenigen, die sich im binären Geschlechtersystem nicht einordnen können oder wollen.