Wann und warum weinen Menschen in der Öffentlichkeit? Sind sie überwältigt von ehrlichen Gefühlen? Oder weinen sie aus politischem Kalkül? Sind wir kulturell auf Ergriffenheit programmiert? Von wegen ‚Tränen lügen nicht’!
In der Performance MOTHERS OF STEEL untersuchen Madalina Dan und Agata Siniarska mit dem Weinen eine zentrale Geste des Abschieds. Aus einer dystopischen Zukunft zurückblickend, beweinen sie ihre Erinnerungen an die Aufbruchsstimmung nach der Wende in ihren Herkunftsländern Polen und Rumänien. Große Gefühle, Slapstick oder Ironie? Mit bissigem Humor erzählen Dan und Siniarska die Geschichte Osteuropas aus der Opferperspektive, so wie es auch die Rechtspopulist*innen in den gegenwärtigen Regierungen gerne tun. Und stellen damit die Frage in den Raum, mit welchem Hintergedanken diese Geschichte von der kollektiven Opferrolle erzählt wird. Der Rest ist Heulen und Schluchzen.
Konzept und Performance Mădălina Dan, Agata Siniarska
Technische Unterstützung Hanna Kritten Tangsoo
Dramaturgische Assistenz Mila Pavicevic, Siegmar Zacharias
Video Diego Agulló
Eine Produktion der Art Stations Foundation von Grażyna Kulczyk in Koproduktion mit Konfrontacje Teatralne (Lublin), Fabrik Potsdam, Alfred ve Dvore (Praga). Eingeladen u.a. zum IMPULSE Theaterfestival 2018
Mădălina Dan (Berlin / Bukarest) studierte Choreographie in Bukarest und am Hochschul-übergreifenden ‚Zentrum Tanz’ in Berlin. Sie ist seit vielen Jahren in der zeitgenössischen rumänischen Tanzszene aktiv und wurde 2015 mit dem Preis des National Dance Centre Bukarest ausgezeichnet. 2016 war sie dort assoziierte Künstlerin. Mădălina Dans Arbeiten werden international gezeigt.
madalinadan.tumblr.com
Agata Siniarska (Berlin / Warschau) entwickelt Performances und künstlerische Praktiken, Lectures, Videos und Internet-TV-Programme. Sie studierte Choreographie am Hochschul-übergreifenden ‚Zentrum Tanz’ in Berlin und ist Gründungsmitglied des Kollektivs FEMALE TROUBLE, das sich künstlerisch mit Fragen nach Identität, Körper, Feminismus, Affirmation und Liebe auseinandersetzt.
cargocollective.com/agatasiniarska
vimeo.com/311427985
Ein sinnliches Skandalstück
Neue Ruhr Zeitung
Da jammern, schluchzen, klagen Agata Siniarska und Mădălina Dan eine ganze Stunde lang in MOTHERS OF STEEL. Ihre Körper schütteln sich, sie schlagen sich vor die Brust, japsen nach Luft, zucken zusammen, stampfen mit den Füßen. Mit großer Geste beweinen sie eine Erschießung genauso wie einen Kinderchor, die Vereidigung Lech Walesas, Zeichentrickfilme, Torschüsse oder eine Goldmedaille im Turnen. Sie heulen, wenn sie eine Wäscheleine spannen. Und sie heulen, wenn sie Schrifttafeln ordnen, die historische Ereignisse von der Sklaverei bis zur Russischen Revolution formulieren. In ihrer Konsequenz wird diese Klage zur anklagenden Performance, die trotzdem traurig stimmt.
nachtkritik.de
MOTHERS OF STEEL is not exactly a dance piece, although the women's body language while crying is at times choreographed and specific. But it's tragic, hilarious, thought-provoking and economical in both means and message at once, so who cares?
The New York Times