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Presse | Horst Reischenböck, DrehPunktKultur, 9.2.2007

Häuptling Abbé "Rollender Donner"

"PISA, Bach, Pythagoras": Mit seinem Kabarett-Programm über Bildung, Musik und Mathematik traf Dr. Dietrich, alias "Piano Paul", am Donnerstag (8.2.) in der ARGE intellektuell anspruchsvoll und amüsierend voll ins Schwarze.

Ausgehend von Namen wie Maegerlein, Kulenkampff erinnerte er daran, wie alt eigentlich die heute wieder grassierende "Quizmania" schon ist. Á la "Erkennen Sie die Melodie" wurden etwa zum bekannten "Ave Maria" vier Antwortmöglichkeiten angeboten, von denen eine richtig (und eine andere, zur TV-Kennmelodie geworden, übrigens zumindest nicht falsch) war. Ansatzpunkt für Seitenhiebe in Richtung Gounod, der nur die höchsten Noten von Bachs Präludium zur Melodie auswalzte, oder, bezüglich Franz Schubert, wegen musikalischer Unbelecktheit auf Gesellschaftskolumnisten abzielend.

Die Presse wurde übrigens auch später nicht verschont, wenn es etwa beim Fußball-Bundesliga-Finale heißt, nun würden die Rechenschieber heißlaufen. Auch um Bildung ging's, etwa um Volkshochschul-Kurse wie "Wir basteln unseren Grabschmuck". Ausgehend vom "schiefen Turm" verbeugte der Piano Pauls sich vor Österreichs siebten Platz in der Studie, bei der Finnland an erster Stelle stand. Danach hätte sich die Mehrheit der Deutschen gefragt: "Wo liegt das eigentlich?"

Wie sich Wissen absolut vergnüglich vermitteln lässt, bewies Dietrich Paul dann in mehrfachem Bezug auf das Mathematik-Genie Carl Friedrich Gauß, der "recht hatte", obwohl er offenkundig nicht musikalisch war. Wenn schon laut Adorno "Kunst weh tun muss, sollten wenigstens die Wissenschaften Spaß machen". - Das Publikum war ganz seiner Meinung.
Auch tönend ging's ans Eingemachte: Zur Einstimmung durch einen Exkurs darüber, dass ein Kanon wie "Bruder Jakob" (alle machten mit) noch längst keine echte Zweistimmigkeit ergibt. Liszts galoppierende Tonkaskaden wiederum hätten dem Komponisten bei Indianern den Beinamen "Rollender Donner" eingetragen. An Hand von "Wachet auf, ruft uns die Stimme" wagte es der begnadete Pädagoge, zur Polyphonie (nicht zu verwechseln mit "echter Polygamie"!) vorzustoßen. Den Cantus Firmus sang Paul, wegen beidseitiger Beschäftigung der Hände, einfach dazu.

Immer wieder gelang ihm auch der Spagat zur Mathematik. Bruchrechnen gehört ja schon bei den Taktarten dazu. Musikstücke wie "America" aus Bernsteins "West Side Story" oder auch ein alpiner Zwiefacher würden dadurch interessant, dass die Zahlen 3 und 4 zueinander teilerfremd sind. Und die Sonatenhauptsatzform lässt sich ganz einfach rechnerisch darstellen. Überhaupt: Dietrich Paul hat schon zu Studienzeiten mit Kollegen Klavierquintette gespielt, beispielsweise Brahms - durchaus akzeptable Musik: "Aber welcher Musiker löst schon in seiner Freizeit Integralgleichungen?"

Nicht fehlen durfte auch diesmal seine ureigenste Spezialität, mit der er schon vor Jahrzehnten, damals noch im alten Studio des Mozarteums in Salzburg debütierte: das Geburtstagsständchen. 25 Jahre MotzArt und Mozarts 251er wurden durch "Happy Birthday" und "Hoch soll er leben" verknüpft: Das Publikum war restlos begeistert.

© Horst Reischenböck, DrehPunktKultur