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„Immersion. Wir verschwinden.“ am 10.11.2016 um 20:00 Uhr
Foto (c) Apollonia Bitzan

„Immersion. Wir verschwinden.“

Eine Produktion des aktionstheater ensembles in Koproduktion mit der ARGEkultur. Uraufführung. Buch/Regie: Martin Gruber.

ARGE theater open mind festival

Ein Stück vom großen Kuchen, eine gesellschaftliche Teilhabe schien für sie nicht möglich. Sie haben über „die da oben“ geschimpft und sich als „die da unten“ empfunden. Doch jetzt haben sie genug. Genug gearbeitet, genug gestritten, genug gekämpft, genug gehasst. Genug von den bestehenden wirtschaftlichen und politischen Verhältnissen. Sie wollen weg. Weg aus dieser Realität. Sich verstecken hinter etwas anderem, eintauchen, untertauchen, wegtauchen. Es bleibt nur noch the big escape, die große Flucht.

Regisseur Martin Gruber hat mit seinem aktionstheater ensemble die Quadratur des Theaterkreises vollbracht: Er produziert hochpolitisches und gleichzeitig absurd-witziges Sprechtheater.
Best of Vienna-Falter

Im Anschluss an die Vorstellung am Samstag, den 12. November findet ein KünstlerInnen-Gespräch statt.

ARGE produktion

Dafür wurde das aktionstheater ensemble nach 2015 heuer bereits zum zweiten Mal für den NESTROY-Theaterpreis nominiert.

Michaela entrüstet sich über das mangelnde Können einer Darstellerin aus einem Werbeclip für eine Provinzstadt. Das hätte sie wirklich besser gemacht. Andreas darf während einer Gala vor internationalen Finanzmogulen seine Gedichte vortragen. Eine Karriere als gefeierter Poet scheint sich aber doch nicht abzuzeichnen. Martin träumt vom großen Durchbruch als Schauspieler in einer französischen Filmproduktion. Bei den Dreharbeiten am Mount Everest wird er aber zum Statisten degradiert. Sein einziger Satz wird gestrichen.Von nun an geht’s bergab. Zurück in der Realität bleibt für alle ein Engagement beim Aktionstheater. Anlässlich eines drohenden Rechtsruckes, entschließt man sich nur noch Komödien zu machen. Das hat in früheren Zeiten auch schon einmal funktioniert ...

Um die Grenzen zwischen Wunsch und Wirklichkeit vergessen zu machen, konterkarieren die Sängerin Sonja Romei und „Tanz Baby!“-Mastermind Kristian Musser das Geschehen mit minimalistischen Interpretationen vergangener Hits und sphärischen Neukreationen. Immersion. Wir verschwinden. Der Versuch, der eigenen Bedeutungslosigkeit zu entkommen. Eine poetische Intervention.

Einmal mehr macht sich die zwischen Dornbirn und Wien verortete Theaterformation über die Schlachtfelder des Lebens her und liefert damit auch mehr oder minder Überlebensstrategien, die bereits von vornherein zum Scheitern verurteilt sind: Ausbruchsversuche, die sich ob des gesellschaftlichen status quo zwischen Heim und Heimatlosigkeit, Solidarität und Solitär, Ich-Sein und Anders-Sein regelrecht selbst zementieren. Off-Theater, das Maßstäbe setzt.

Regisseur Gruber ist ein Philanthrop, der für den Anspruch eines Menschlichen an die Grenzen des Menschseins führt – er kartographiert die Gegenwart so, wie politische Allmachtfantasien und neoliberaler Fortschrittswahn einer sogenannten Wohlfühlgesellschaft sie geschaffen haben. Allerdings ohne sich im Nährboden geißelnder Moralitäten zu verlaufen, die Idee ist eine andere: den Menschen zu filtrieren, ihn bis auf die kleinsten Fasern bloß- und auszustellen. Seine Dokumentarlandschaften lassen es erst gar nicht zu, in Selbstgefälligkeit abzugleiten, um sich als Alternativen zu behaupten: Sie sind rein Ideenträger einer Kultur der Saturiertheit; einer Gesellschaft, die sich vor lauter überbordendem Egoismus eigentlich selbst ungemein satt hat. In gewisser Weise ist sein Theater sogar ein Theater des Amoralismus, das Geschichte, Gott oder Ideologie mit einer Universalformel gleichsetzt: der Utopie. Regisseur Martin Gruber und Dramaturg Martin Ojster spielen ihre Amour fou zu Tendenzen der Zukunft radikal aus – die detailverliebten Operateure der Wirklichkeit reproduzieren das Zusammenspiel von Subjekt, Geschlecht und Gesellschaft nicht am Puls der Zeit, sondern immer einen Schritt voraus.
Maximilian Traxl, ORF
Authentizität ist hier nicht Siegel einer vermeintlichen Unmittelbarkeit, sondern ein Akt der Reflexion. Gruber macht politisches Theater, das nach Jahren der postdramatischen Konstrukte wieder die Grundbegriffe des Realen auf die Bühne bringt, dabei aber ästhetisch hochverdichtet operiert. ( ... ) Von Grubers Truppe möchte man unbedingt mehr sehen.
Die Neue Südtiroler Tageszeitung
  • Buch & Regie Martin Gruber
  • Text aktionstheater ensemble, Martin Gruber und Claudia Tondl
  • Musik Sonja Romei, Kristian Musser
  • Dramaturgie Martin Ojster
  • Bühne Sebastian Spielvogel
  • Regieassistenz Robin Ströhle
  • Mit Susanne Brandt, Michaela Bilgeri, Martin Hemmer, Andreas Jähnert, Sonja Romei, Kristian Musser